Bericht der Wochenzeitung Kontext zu einem Vortrag von mir in Schwäbisch Hall am 28. Juni 2023 für den Club Alpha 60, Die Naturfreunde, den DGB, die IG Metall, das Netzwerk Ökosozialismus und die Rosa-Luxemburg-Stiftung:
Stephan Krull wünscht sich eine Halbierung der Menge an Autos in Deutschland. Denn eine Verkehrswende müsse viel grundlegender ansetzen als beim Austausch von Verbrennungsmotoren durch elektrische Antriebe, sagt der Ex-VW-Betriebsrat.
Im Vorfeld der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung beleuchte ich die Entwicklung der Autoindustrie und den motorisierten Individualverkehr in einem Vortrag beim Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. ISW München.
Die Automobilindustrie in Deutschland, die Transformation und die Rolle der IG Metall, das Desaster und „Was tun, wie weiter“!
Die Transformation ist in vollem Gange. Die Stichworte für den Umbau der Automobilindustrie in Deutschland sind Transnationalisierung, verschärfte Konkurrenz und Verlagerungen, der nächste Rationalisierungsschub, die Digitalisierung und schließlich die notwendige ökologische Modernisierung mit dem Antriebswechsel auf E-Mobilität.
Jeder dieser Aspekte ist verbunden mit Druck auf tarifliche Standards, Löhne und Arbeitsbedingungen, wachsenden Anforderungen und Arbeitsverdichtung, Unsicherheit und Beschäftigungsabbau in Größenordnungen von mehreren Hunderttausend. Wenig wahrscheinlich ist, dass in diesem kapitalseitig betriebenen Umbau die Interessen der Beschäftigten verteidigt und Umwelt und Klima ausreichend geschützt werden.
Es braucht eigenständige und weitergehende Konzepte und Praxen für eine gerechte Mobilitätswende und einen sozial-ökologischen Umbau der Mobilitätsindustrien. Das geht nur gemeinsam. Das ist nichts Neues, aber es wird Zeit.
Es fehlt an Photovoltaik und an Windkraftanlagen, um die Energie- und Verkehrswende zu schaffen. Eigentlich ein Eldorado für Unternehmer, etwas zu unternehmen. Aber warum unternehmen sie nichts? Eigentlich ein Auftrag für die Regierung zu handeln. Aber warum tun sie nichts? Der Kapitalismus ist die Krise, die überwunden werden muss, weil wir sonst in der Klimakatastrophe und in der Barbarei landen.
Schienenfahrzeughersteller reduzieren ihre Produktion und das Personal. Autohersteller setzen auf Luxus und Profit, während die Infrastruktur und der Wagenpark der Bahn und der ÖPNV-Betriebe unfallträchtig verrotten. Die privaten Unternehmer in der Windenergie schließen oder verlagern Betriebe, weil mit Spekulationen im Moment mehr Geld zu „verdienen“ ist. Sie denken nur an ihren Profit, sie denken nur an den Moment und verspielen unsere Zukunft. Was tun, wenn die Unternehmer nix unternehmen? Zuschauen, wie sie das Land ruinieren? Alles selbst in die Hand nehmen?
Der Boulevard beschreit das Chaos – dieses mal sei die Aktionärsversammlung von Volkswagen im Chaos untergegangen. Weit weg von der Realität. Über den wesentlichen Inhalt informiert diese Presse nicht:
Woher und wohin mit den Gewinnen? Was macht die Klimabewegung, was sagt die CDU – und was hat das mit dem gigantischen Abgasbetrug zu tun?
Am 10. Mai fand in Berlin die Aktionärsversammlung von Volkswagen statt. Das Geschäft lief glänzend, der Umsatz stieg auf 279 Milliarden Euro, die Aktionäre haben für die gut 500 Millionen Aktien eine Dividendenerhöhung auf 8,70 beschlossen. 4.500.000.000 Euro, 4,5 Milliarden, werden an sie ausgeschüttet. Der Nettogewinn lag bei ca. 15 Milliarden Euro, die Gewinnrücklagen stiegen auf 137 Milliarden Euro. Die Beschäftigungsbilanz bei der VW AG hingegen ist negativ: Minus 1.000 Arbeitsplätze, hauptsächlich in der Produktion im Werk Wolfsburg.
Können bei Volkswagen auch Straßenbahnen gebaut werden? Stichworte eines Vortrages beim Verkehrswendecamp in Wolfsburg.
Meine Fahrt am 9. Mai von Hamburg zum Verkehrswendecamp in Wolfsburg, ein anschauliches Beispiel, warum wir die Verkehrswende brauchen und wie die funktionieren kann: In Uelzen steige ich vom Metronom in den Erixx nach Braunschweig und fahre mit einem Dieseltriebwagen, weil die eingleisige Strecke nicht elektrifiziert ist, bis Gifhorn und steige in den Enno, der mich nach Wolfsburg bringt; Fahrtzeit gut drei Stunden in drei verschiedenen „nicht bundeseigenen Eisenbahnverkehrsunternehmen“. Parallel zu der eingleisigen Bahnstrecke ist eine vierspurige Autobahn (BAB 39) plus Standstreifen (ca. 40 Meter breit) teils fertig, teils im Bau, teils noch in der Planung. Für die ca. 100 Kilometer zwischen Wolfsburg und Lüneburg sind 1,3 Milliarden Euro Kosten angesetzt, 13 Millionen Euro pro Kilometer. Eine Planung für den zweispurigen Ausbau der Bahntrasse (nicht halb so breit) gibt es nicht, obwohl die weniger als halb soviel Geld kosten würde.
Woher und wohin mit den Gewinnen? Was macht die Klimabewegung, was sagt die CDU – und was hat das mit dem gigantischen Abgasbetrug zu tun?
Am 10. Mai findet in Berlin die Aktionärsversammlung von Volkswagen statt. Die Aktionäre werden eine Dividendenerhöhung auf 8,70 beschließen. Die Beschäftigungsbilanz bei der VW AG hingegen ist negativ: Minus 1.000 Arbeitsplätze, hauptsächlich in der Produktion im Werk Wolfsburg.
Riesiger Bedarf an Schienenfahrzeugen, aber Molinari schließt Waggonbau in Dessau. Mit mehr Demokratie, mit Wirtschaftsdemokratie und Transformationsräten wäre das nicht zu machen.
Nach mehr als 120 Jahren endet der traditionsreiche Waggonbau in Dessau / Sachsen-Anhalt. Mangelnde Auftragslage und hohe Energiekosten sollen mit Schuld an der Schließung sein.
Warum haben weder die Stadt, das Land noch der Bund interveniert?
Kommen bald Busse und Straßenbahnen aus der Autofabrik in Wolfsburg?
Nun ist Zeit zum Nachdenken über grundsätzliche Veränderungen, über eine wirkliche Verkehrswende und den Anteil von Volkswagen daran. Die Entscheidung darüber, was produziert wird, können wir nicht einem unberechenbaren Management überlassen.
Der Bau einer neuen Fabrik in Wolfsburg ist gestoppt, nachdem vorher ein großer Hype darum gemacht wurde, nachdem die Stadt und das Land schon Plane gemacht und Subventionen zugesagt hatten. . Was sind Ursachen und Konsequenzen aus dieser jetzt abgesagten Planung? Kann die Landesregierung zu einer anderen Industriepolitik gedrängt werden? Findet die IG Metall ihren Platz in der Transformation? Kann der Schulterschluss zwischen Gewerkschaften und Umweltbewegung gelingen? Warum werden in der EU Subventionen zugelassen für Unternehmen, die im Geld schwimmen? Warum werden in der EU Subventionen zugelassen für Technologien, die Umweltunverträglich sind?
Wochenendseminar des Kurt-Eisner-Vereins (RLS Bayern): Vom Reden ins Handeln kommen! Vortrag von mir zu gewerkschaftlichen Perspektiven auf Systemalternativen am Beispiel der Mobilitätswende und den Umbrüchen in der Autoindustrie (45 Minuten).
Die Autoindustrie – Krise und neue Geschäftsmodelle
Die Gewerkschaften, Geschichte, Haltungen, Strategien
Spurwechsel
In der Soundclaud der Rosa-Luxemburg-Stiftung: Der Referent beschreibt die gewerkschaftliche Perspektive auf einen möglichen sozial-ökologischen Umbau der Mobilitätsindustrie. Referent*in: Stephan Krull, Hamburg, Mitglied des Betriebsrates VW Wolfsburg (1990-2006), Koordinator des Gesprächskreises der Rosa-Luxemburg-Stiftung «Zukunft Auto Umwelt» Mobilität, Herausgeber «Spurwechsel. Studien zu Mobilitätsindustrien, Beschäftigungspotenzialen und alternativer Produktion» (erschinen 2022).
Wir erklären, was der Klimawandel mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat, wie es überhaupt so weit kommen konnte und was wir gemeinsam tun müssen, um die Erderhitzung zu stoppen. Und wir sprechen mit Stephan Krull darüber, wie eine sozial-ökologische Transformation der Automobilindustrie aussehen kann, bei der niemand zurückgelassen wird. Wir wollen mit dir die Politik AUFMISCHEN. Im Videoformat der politischen Bildung von DIE LINKE mit Daphne Weber und Hamze Bytyci.
Mehr zur politischen Bildung bei der Partei DIE LINKE gibt es hier: