Berufsverkehrswende – Poeple-Mover statt Werksbusse?

Neue Fahrgemeinschaften mit Nulltarif als Teil der Verkehrswende? Kommunen müssen finanziell so ausgestattet werden, dass sie den ÖPNV bedarfs- und umweltgerecht anbieten können! Die Technologie ist da, jedoch es fehlt am politischen Willen!


Es gab mal Werksbusse für den Berufsverkehr – die wurden abgeschafft, damit alle mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen. Später wurden die Arbeitszeiten derart differenziert und individualisiert, dass selbst kleine Fahrgemeinschaften nicht mehr funktionieren. Das überlastet den Verkehr: Der Berufsverkehr auf der Straße morgens und abends ist ein Zeitdieb für alle, eine außerordentliche Belastung für die Umwelt und er ist ein Verstärker der Klimakatastrophe.

Nun hat Prof. Günther Schuh von der RWTH Aachen eine alte Idee neu aufgelegt, über die Die WELT (3.8.22) berichtet: Der Poeple Mover. Läuft in Venedig als seilgezogene Kabinenbahn, als cable liner am Flughafen Birmingham, Minimetro in Perugia, SkyLine am Flughafen Frankfurt und vielerorts mehr in unterschiedlichen Varianten, meist schienengebunden.

Weil den Kommunen das Geld für die Hightech-Mobile fehlt, hat Schuh die länger bekannte „People-Mover“-Idee modifiziert: Statt Schüler und Rentner zur Bildungseinrichtung oder zum Supermarkt zu chauffieren, soll sein neuartiges Shuttle-System Angestellte ins Büro fahren. Und so die Straßen in der Rush Hour um tausende Fahrzeuge entlasten. „In der Praxis scheitert es aber daran, dass man den People Mover für jede Kommune einzeln durchkämpfen muss.“ Ein tragfähiges Geschäftsmodell komme so nur schleppend zustande, meint der Herr Professor – ausblendend, dass der ÖPNV als Teil der Daseinsvorsorge ein „tragfähiges Geschäftsmodell“ weder sein kann noch sein soll. Im Start-up e.Go Moove entwickelte er elektrische Kleinbusse für den ÖPNV, bei Bedarf per App geordert, perspektivisch fahrerlos und entsprechend günstig im Betrieb. Zunächst aber relativ teuer in der Anschaffung, was für klamme Kommunen ein Problem ist.

„Uns wurde klar, dass wir große Wirtschaftsunternehmen als Kunden brauchen, um einen Volumendurchbruch zu erreichen.“ Die anvisierte Lösung: Ein Shuttle-Abo für Konzerne, die ihre Mitarbeiter bequem und relativ klimafreundlich an den Schreibtisch oder in die Werkshalle bringen möchten. 2024 will das Aachener Unternehmen die ersten der selbst entwickelten Siebensitzer für Pendler-Fahrgemeinschaften in Betrieb nehmen. Die gut fünf Meter langen Fahrzeuge haben eine Pkw-Zulassung, lassen sich ohne große Hürden auf die Straße bringen und mit dem normalen Führerschein fahren. In der Praxis ist das so gedacht: Weil ein Fahrzeug aus Kostengründen zunächst nicht mit autonomer Fahrtechnik ausgerüstet ist und ein hauptamtlicher Fahrer aus gleichem Grund ausfällt, wird er von einem der Nutzer gefahren. Wer sich dazu bereit erklärt, muss zwar morgens die Kollegen einsammeln, die sich per App angemeldet haben, erhält dafür aber einen Ausgleich, etwa die Möglichkeit zur privaten Fahrzeugnutzung. Am Arbeitsplatz angekommen, stellt er das Fahrzeug an einem von e.Volution organisierten Parkplatz ab. Gleiches soll bei Bedarf auch am Wohnort möglich sein. Das Angebot soll, so der Professor, kein kurzfristiger Komplett-Ersatz für andere Verkehrsmittel sein – gemeint sind wohl private Autos wie auch der ÖPNV.

Der Mangel dieser Idee besteht darin, dass ein weiterer Stein aus dem System des öffentlichen Personenverkehrs herausgebrochen wird mit dem Argument, die Kommunen könnten sich das nicht leisten. Eine Reduktion der Straßenbaukosten und eine Nahverkehrsabgabe für die Unternehmen, die vom ÖPNV profitieren, würde die Kommunen in die Lage versetzen, genau dieses Angebot für alle anzubieten – einschließlich tariflich bezahlter Fahrerin oder Fahrer. Schließlich muss das teure Fahrzeug ja nicht den Rest des Tages auf irgend einem Parkplatz rumstehen.

Der Vorteil der Idee besteht in dem Hinweis, dass es die Technologie gibt, die zur Modernisierung des ÖPNV benötigt wird – es fehlt vorläufig nur am politischen Willen, das auch umzusetzen.

Poeple Mover sind auch die elektrisch angetriebenen und per APP bestellbaren Fahrzeuge von MOIA/VW in Hamburg.

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