Es geht um Interessen, nicht um Menschenrechte.

Die Debatte um Rüstungsproduktion ist auch in Niedersachsen voll entbrannt. Milliarden – whatever it takes – sollen für Kriegsproduktion zur Verfügung stehen. Die politische Lösung von Konflikten und Diplomatie sind überhaupt kein Thema mehr. Die Lehren des zerstörten Europas, der bedingungslosen Kapitulation der faschistischen deutschen Wehrmacht und die Erfahrungen der Entspannungspolitik im kalten Krieg scheinen vergessen. Was haben uns heute noch Willy Brandt und Egon Bahr zu sagen?

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“ Die Aktionäre von Rheinmetall haben ein Interesse daran, die frei verfügbaren Rüstungsmilliarden einzusacken.

Das undenkbare soll denkbar, der Krieg soll vorstellbar und führbar gemacht werden. Aber im Atomzeitalter, mitten in Europa, können wir uns keinen Krieg vorstellen, der nicht mit der Auslöschung allen menschlichen Lebens verbunden ist. Die heutigen Bomben und Raketen sind vielfach stärker als die Atombomben, die vor 80 Jahren auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden. Der Kontext, der bei einer vernünftigen Entscheidung nicht außer acht gelassen werden kann: Die Rüstungsmilliarden sorgen für ein paar neue Jobs bzw. als magerer Ersatz für in der zivilen Produktion gestrichene oder verlagerte Jobs. Gleichzeitig fehlen diese Milliarden schon morgen in den nächsten Haushalten von Bund, Ländern und vor allem Kommunen, um die einfachsten sozialen Fragen zu lösen. Aller Erfahrung und Prognosen nach können die verlorenen Jobs in der Autoindustrie nicht annähernd durch Jobs in der Rüstungsindustrie kompensiert werden. Das trifft für das Alstom-Werk in Görlitz, das Conti-Werk in Gifhorn und für das VW-Werk in Osnabrück zu – mehr noch, wenn es um die Werke von VW in Zwickau und Emden gehen wird.

Betriebsrat und IG Metall klären ihre Position

Außerdem kann Rüstungsproduktion für Volkswagen bei seiner eigenen grausamen Enntstehungsgeschichte niemals eine Option sein. Das sieht auch der Betriebsrat so: Ein Sprecher des Konzernbetriebsrats erklärt, dass ein Einstieg in die Produktion von Kriegswaffen oder Kampfmitteln aus Sicht der Arbeitnehmervertretung keine Option sei. … „Das hat nicht nur unternehmensstrategische und technologische Gründe, sondern nicht zuletzt auch ethische vor dem Hintergrund der Volkswagen-Unternehmensgeschichte.“ (WAZ, 19.8.2025)

Die Propagandaabteilung des Porsche-Piëch-Clans sieht das ganz anders: Der Kriegsverbrecher Ferdinand Porsche (SS-Oberführer, Vorsitzender der Panzerkommission) sei ein genialer Konstrukteur gewesen und der Reichtum des Clans hierin begründet. Tatsächlich wurde das Unternehmen von den Nazis mit gestohlenem Geld der Gewerkschaften, mit Produktion für die faschistische Wehrmacht und mit brutaler Zwangsarbeit aufgebaut. Treiber dabei neben Ferdinand Porsche sein Schwiegersohn und NSDAP-Mitglied Anton Piëch. Jetzt werden durch den Porsche-Piëch-Clan Autofabriken geschlossen und neue Geldanlagen in der Rüstungsindustrie gesucht: „Die Porsche SE investiert gezielt in Fernbusunternehmen, Drohnentechnik und Software für autonome Lkw …“ Zurück zu den grausamen Wurzeln und wieder Geld machen mit dem Krieg? Der Porsche-Piëch-Clan und die Kopf-ab-Diktatur in Katar, die großen Aktionäre von Volkswagen – vom Land Niedersachsen abgesehen – haben ein Interesse daran, die Profite maximal zu steigern und die frei verfügbaren Rüstungsmilliarden einzusacken. Ihnen geht es weder um Demokratie noch um Menschenrechte.

Die IG Metall sucht noch ihren Weg. Christiane Benner schlägt vor, „ein Sondervermögen aufzumachen für den ökologischen Umbau der Industrie“. Staatliche Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe seien nötig. Ihr Vorstandsvize Jürgen Kerner betonte: „2024 ist das Jahr der Entscheidung für die wehrtechnische Industrie in Deutschland. Zwar hebt die Politik ihre Bedeutung für die Sicherheit unseres Landes und Europas hervor. Aber anders als man denken könnte, führt das Sondervermögen Bundeswehr nicht automatisch zur Stärkung der heimischen Industrie.“

Es verwundert nicht, dass die neue Nazi-Partei Rheinmetall in Niedersachsen begrüßt: „Dass wir Rüstung dringend brauchen, ist jedem klar“, sagt der Fraktionschef der AfD im niedersächsischem Landtag.

Aber die Messen sind noch lange nicht gelesen, die Entscheidungen müssen jeden Tag und allerorts neu getroffen werden: Geld und Arbeit für Rüstung und Krieg oder Geld und Arbeit für ein gutes Leben aller Menschen.

Fotos: Bundeswehrwerbung in Wolfsburg vor dem Volkswagenwerk und Karriere-Lounge in Wolfsburgs Porsche-Straße

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