Kapitalismus oder Zukunft – Sozialismus oder Barbarei

Es fehlt an Photovoltaik und an Windkraftanlagen, um die Energie- und Verkehrswende zu schaffen. Eigentlich ein Eldorado für Unternehmer, etwas zu unternehmen. Aber warum unternehmen sie nichts? Eigentlich ein Auftrag für die Regierung zu handeln. Aber warum tun sie nichts? Der Kapitalismus ist die Krise, die überwunden werden muss, weil wir sonst in der Klimakatastrophe und in der Barbarei landen.

Schienenfahrzeughersteller reduzieren ihre Produktion und das Personal. Autohersteller setzen auf Luxus und Profit, während die Infrastruktur und der Wagenpark der Bahn und der ÖPNV-Betriebe unfallträchtig verrotten. Die privaten Unternehmer in der Windenergie schließen oder verlagern Betriebe, weil mit Spekulationen im Moment mehr Geld zu „verdienen“ ist. Sie denken nur an ihren Profit, sie denken nur an den Moment und verspielen unsere Zukunft. Was tun, wenn die Unternehmer nix unternehmen? Zuschauen, wie sie das Land ruinieren? Alles selbst in die Hand nehmen?

Im Jahr 2022 wurden 344 Windräder gebaut – 15.000 Windräder sind erforderlich, um die Energiewende zu schaffen! Einerseits.

Andererseits werden Autobahnen irrsinnig teuer neu gebaut (A14, A20, A26, A39, A44, A49, A95, A100, A445) oder verbreitert auf 6 bis 10 Spuren (A1, A3, A5, A6, A7, A8, A30, A45, A 46, A565), über 140 solcher Neu- oder Erweiterungsbauten, im Schnitt für rund 10 Millionen Euro pro Kilometer. Allein die A100 in Berlin: Mit mehr als 470 Millionen Euro für 3,2 Kilometer ist sie das teuerste Stück Autobahn in der umfangreichen Gesamtplanung. „Und doch gibt es etwas sehr Deutsches am Auto. In seiner sichtbarsten Form ist das die Autobahn ohne Tempolimit. In der weniger sichtbaren Form ist es eine besondere deutsche Ideologie, die sich um Autos und Autobahn rankt. Was heute wie ein >Normalzustand< wirkt hat eine Entstehungsgeschichte, über die gerne geschwiegen wird, weil darin zu viele Hakenkreuze vorkommen.“1

Energiewende? Verkehrswende? Die Arbeitgeber und die Regierung hintertreiben jeden Ansatz für eine dringend nötige andere Produktion für die Sicherung unserer Lebensgrundlagen, für die Einhaltung der Klimaziele. Meine Gewerkschaft, die IG Metall, informiert über den unzureichenden Stand:

Mehr Gas geben in Sachen Energiewende. Die Windstrom-Produktion bis 2030 verdoppeln. Ziele, auf die sich die Ampel-Koalition in Berlin geeinigt hatte. Um das zu schaffen, müssten schätzungsweise 15.000 Windräder gebaut werden. Weißt du, wie viele im vergangenen Jahr in Deutschland dazukamen, Stephan? 344.
Ein Grund, warum es mit dem Windkraftausbau aktuell so lange dauert: Es fehlen Kolleginnen und Kollegen, die daran arbeiten. Da müsste man doch meinen, dass Arbeitgeber alles tun, um die Arbeitsbedingungen so attraktiv wie möglich zu machen. Doch die Realität sieht vollkommen anders aus.

Vor einigen Monaten hat die IG Metall bereits über die Auseinandersetzungen beim Windradbauer Vestas berichtet. Die Beschäftigten des Weltmarktführers fordern einen Tarifvertrag und haben mittlerweile an über 85 Tagen die Arbeit niedergelegt. Zwischenzeitlich gab es zwar Verhandlungen, doch Vestas hat die Angebote wieder zurückgezogen. Die Geschäftsleitung will nun doch nicht mehr mit der IG Metall verhandeln – und hat den Beschäftigten ein eigenes Angebot unterbreitet: 2.000 Euro Inflationsausgleichsprämie, aber keine dauerhafte Erhöhung der Entgelte 2023 – trotz Inflation! Vor Ort rechnet man jetzt mit einer längeren Auseinandersetzung. Wann es erneute Verhandlungen geben könnte? Ungewiss.

„Die Gewinnmarge ist zu klein!“

Ein weiteres Unternehmen, das die Energiewende mit vorantreiben könnte: Eickhoff Wind Power im sächsischen Klipphausen. Zum Jahresende ist für 180 Beschäftigten in Klipphausen Schluss. Die Nachricht aus der Bochumer Firmenzentrale kam überraschend. „Die Gewinnmarge zu klein, der gesamte Energiemarkt zu volatil.“ Betroffen sind 180 Mitarbeiter und ihre Familien. Sie haben am Mittwoch von den Plänen des Bochumer Mutterkonzerns erfahren und waren mehr als überrascht. So wie auch der Klipphausener Bürgermeister Mirko Knöfel. Immer wieder habe es in der jüngsten Vergangenheit Gespräche mit dem Unternehmen gegeben. Es ging um Ausbauoptionen. Die Fläche in dem autobahnnahen Gewerbegebiet hätte das durchaus hergegeben. Der B-Plan war entsprechend ausgelegt.

Als die Eickhoff Wind Power GmbH sich 2009 hier ansiedelte, dachte man groß. Die Windkraft als eine Säule des regenerativen Energiemixes schien fest gesetzt. 53 Millionen Euro flossen allein bis 2017 in die Werkhallen. Dann folgte noch einmal eine Zehn-Millioneninvestition für einen hochmodernen Prüfstand mit einer Kältekammer bis minus 40 Grad Celsius. Alle Zeichen auf Expansion1. Für Stefan Ehly, den Ersten Bevollmächtigten der IG Metall in Dresden, ist der Vorgang völlig inakzeptabel: „Um die Ausbau-Ziele der Bundesregierung zu erreichen, brauchen wir eine leistungsfähige Windkraft-Industrie in Deutschland und keine Werkschließungen. Das Aus für Eickhoff in Sachsen nehmen wir nicht hin. Wir arbeiten gemeinsam mit den Beschäftigten an einem tragfähigen Zukunftskonzept, um diesen wichtigen Bestandteil der sächsischen Kernindustrie dauerhaft zu sichern. Dafür brauchen wir auch die Unterstützung der Politik.“

Die Getriebe aus Klipphausen bei Dresden werden weltweit in Windrädern verbaut. Doch trotz der hohen Nachfrage, trotz des Gesamtumsatzes der Gruppe von 330 Mio. Euro, trotz eines Gewinnvortrages von 200 Mio. Euro und dem erklärten Ziel mehr Windräder zu bauen, schätzt die Eickhoff-Geschäftsleitung den Betrieb als unrentabel und die Marktsituation zu unsicher ein. Gemeinsam mit der IG Metall setzten die Beschäftigten einen Innovationsprozess durch. Sie erarbeiten neue Geschäftsmodelle – für neue Investoren? Aber auch hier ist der konkrete Ausgang der Situation ungewiss.

Was also tun, wenn die Unternehmer nix unternehmen? Zuschauen, wie sie das Land ruinieren? Alles selbst in die Hand nehmen? Jedenfalls ist der Kapitalismus nicht nur keine Lösung, sondern das eigentliche Problem. Der Kapitalismus ist die Krise, die überwunden werden muss, weil wir sonst in der Klimakatastrophe, und in der Barbarei landen. „Die Belegschaft von Eickhoff Wind Power ist überzeugt, dass ihr Werk für die Energiewende dringend gebraucht wird und eine Zukunft haben muss“, sagt Jörg Koziol, Betriebsratsvorsitzender der Eickhoff Wind Power GmbHbei einer Kundgebung am 23. Mai vor dem Wirtschaftsministerium in Berlin. Die IG Metall hofft auf Unterstützung vom sächsischen Energie- und Klimaschutzminister Günther. Alle Erfahrung sagt aber: Wer sich für soziale Rechte und Klimaschutz einsetzt, kann sich auf diesen Staat nicht verlassen!

Foto: IG Metall

https://www.igmetall-dresden-riesa.de/aktuelles/meldung/windgipfel-in-berlin-ig-metall-und-betriebsrat-fordern-erhalt-der-windkraft-arbeitsplaetze-in-sachsen

1https://www.wirtschaft-in-sachsen.de/2023/04/24/aus-fuer-windanlagenbauer-eickhoff-schliesst-getriebewerk-in-klipphausen/

1 Conrad Kunze in seinem sehr lesenswerten Buch „Deutschland als Autobahn“. Transcript-Verlag Bielefeld, 2022, S. 11 (https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-5943-6/deutschland-als-autobahn/ )

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert