Tausende sterben durch Stickoxyd – Die Städte lahmlegen!

Städte „verzichten“ auf Fahrverbote: Vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge?

Trotz zu hoher Schadstoffwerte in der Luft verzichtet die Stadtverwaltung auf Fahrverbote für Diesel und Straßensperrungen im Innenstadtbereich. Stattdessen fallen die Maßnahmen, die die Stadt vorschlägt, sehr zahm und  bisher unwirksam aus.  Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (9.4.2017) kommentierte: „Hannovers Strategie für eine reinere Luft bewirkt vor allem eines: Sie tut niemandem weh. Dieselautos, Hauptverursacher der hohen Stickoxidkonzentration, dürfen weiterhin durch die City fahren, belastete Straßen werden nicht gesperrt. Damit bleibt Oberbürgermeister Stefan Schostok seiner Linie treu, den Verkehr nicht zu beschränken. Die Gemüter sind beruhigt. Aber hilft das Paket auch den Menschen, denen die Abgase zusetzen? Jahrelang ist es trotz Umweltzone nicht gelungen, die Luft sauberer zu machen. Jetzt sollen steter Verkehrsfluss, Werbung fürs Fahrrad und eine verschwindend geringe Zahl von E-Autos das Blatt wenden? Schwer zu glauben. Die Stadt spielt auf Zeit.“

Vor Jahresfrist hat der OB der Provinzhauptstadt, Stefan Schostok, einen Luftqualitätsplan vorgestellt und dabei dozierte er u.a. von Interessenabwägung: „Vor allem sind für mich vier Interessen betroffen, die zum Teil Schutz von Verfassungsrang beanspruchen: Es geht um den Gesundheitsschutz. Wir wissen, dass eine Vielzahl von Menschen wegen einer zu hohen Stickoxid-Belastung vorzeitig stirbt. Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen, Allergien. Die Folgen sind bekannt. Es geht um die Automobilwirtschaft. Aushängeschild der deutschen Wirtschaft schlechthin. Hunderttausende von Arbeitsplätzen hängen von ihr ab. Es geht um die Besitzer von Dieselfahrzeugen. Unzählige Menschen, die in ein Produkt vertraut haben. Vertraut darauf, dass es – wie von den Herstellern angegeben – umweltfreundlich und zukunftsfähig ist. Und es geht um das Leben in den Städten. Wenn wir Verkehre ausschließen, laufen wir Gefahr, die Städte lahmzulegen.“ Im Verfassungsrang ist davon sicher nur der Gesundheitsschutz, das »Recht auf körperliche Unversehrtheit«, wie es in Artikel 2 GG heißt. Eine Schlussfolgerung des Oberbürgermeisters aus Hannover ist allen politisch verantwortlichen Personen und der Autoindustrie in Deutschland gemein: „Wir müssten also den Dieselverkehr großflächig aussperren. Quasi eine Umweltzone mit einem undifferenzierten Dieselverbot. Das kann nicht sein, wenn Sie mich fragen.“

Nun mahnt eine Prognose des Gewerbeaufsichtsamtes Eile bei der Ergreifung von Maßnahmen an, sonst wird eine laufende Klage gegen die Stadt Hannover erfolgreich sein. Die Automafia lässt das nicht ruhig schlafen, einer der selbsternannten „Autopäpste“, der Talk-Show-Dauergast Professor Ferdinand Dudenhöffer kommt zu dem Ergebnis, dass die Stadt schon im Jahr 2019 die Grenzwerte einhalten wird. Der Nachteil der Dudenhöffer-Studie: Sie ist nicht öffentlich. Als die Stadtverwaltung Einsicht nehmen wollte, hielt der Herr Professor die Hand auf zum abkassieren: 2.500 Euro, damit die Stadt einen Blick hinein werfen darf. Da stellt sich doch die Frage, ob die Autoindustrie, der ADAC oder wer auch immer Auftraggeber ist, so schlecht bezahlt? Die Stadt zahlte nicht und vertraut den Daten der Gewerbeaufsicht. Eine andere Fraktion der Automafia, die CDU im Stadtrat bzw. deren umweltpolitischer Sprecher springt Dudenhöffer zur Seite: „Es ist unseriös, dass die Stadt die Studie eines anerkannten Wissenschaftlers kritisiert, ohne sich mit ihr beschäftigt zu haben (HAZ, 14.8.2018). Soweit – so gut bzw. so schlecht. Neben der dreisten Abzocke  des Professors bleibt die Frage, was die Stadt denn nun eigentlich tut – und so wie Hannover, geht es ja in vielen Städten? Die Stadt rechnet, wie sich die Sperrung einzelner Straßen auf die Verkehrsströme auswirkt. Die Stadt erwägt Fahrverbote für die ganze Stadt, will Elektro-Zapfsäulen installieren und Elektrobusse anschaffen.

Etwas, was sofort helfen würde, erwägt die Stadt nicht: Drastische Preisreduzierung bei der Stadtbahn, Erweiterung des Wagenparks und Verkürzung der Taktzeiten.

So ist davon auszugehen, dass die Stadt noch lange rechnet und erwägt, aber nicht wirklich handelt. Angesichts der Tatsache, dass eine Vielzahl von Menschen wegen einer zu hohen Stickoxid-Belastung vorzeitig stirbt, muss wohl von vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge ausgegangen werden.  In Hannover und in vielen anderen Städten sind offensichtlich massive Proteste erforderlich, um die Automafia zu stoppen. Zu beweisen wäre, dass Schostok unrecht hat: nicht der Ausschluss von Verkehr die Städte lahmlegt, sondern die Menschen, die diesen Autoverkehr nicht mehr ertragen können und wollen! Höchste Zeit für eine Revolution, für eine Revolutionierung von Mobilität und Verkehr!

https://www.hannover.de/Service/Presse-Medien/Landeshauptstadt-Hannover/Meldungsarchiv-f%C3%BCr-das-Jahr-2017/OB-Schostok-stellt-Eckpunkte-f%C3%BCr-Luftqualit%C3%A4tsplan-vor

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert