Der marktgerechte Mensch – ein Filmprojekt

Veröffentlicht in Ossietzky, Nr. 14/2017, 8. Juli 2017

Die Welt verändert sich mit rasanter Geschwindigkeit. Die meisten Menschen werden das mit ihrer eigenen veränderten Stellung und den verschwundenen Sicherheiten am sogenannten Arbeitsmarkt selbst erleben, seit dieser mit der Hartz-Schröderschen Agenda 2010 massiv dereguliert wurde. Gesellschaftliche Solidarsysteme wie die Krankenversicherung, die Erwerbslosenversicherung und die Rentenversicherung, die über Jahrzehnte von der Arbeiterbewegung, von den Gewerkschaften erkämpft wurden, erodieren, werden ausgehebelt, gehen in ihrer Substanz verloren. Die Arbeitszeit wird verlängert und extrem flexibilisiert – Nachtarbeit und Sonntagsarbeit nehmen fast sprunghaft zu.

Angela Merkel kreierte die „markgerechte Demokratie“, die Deregulierung des Arbeitsmarktes, der Verfall des Wertes der Arbeit führt zum massiven Exportüberschuss und wird anderen Ländern empfohlen oder – im Falle von Griechenland – aufoktroyiert. Die Verlängerung dieser postdemokratischen Perspektive führt zum Menschen selbst, der sich „marktgerecht“ entwickeln muss. Selektion in Schule und Universität sowie die disziplinierende Berufsausbildung reichen nicht mehr, um aus eigensinnigen Individuen brave, fitte, schnelle und flexible „Individuen“ zuzurichten, die immer und überall in Konkurrenz gegeneinander aufgestellt werden: In der Produktion wie in der Reproduktion, in der Herstellung von Waren wie in der Konsumtion von Waren. Die Beziehungen zwischen uns Menschen, selbst die Liebe, alle Lebensbereiche werden Nützlichkeitserwägungen und der Konkurrenz unterworfen. Das neoliberale Ziel dieser Zurichtung ist es, einen positiven „Arbeitsrausch“ zu konstruieren und zu suggerieren, im „Flow“ zu bleiben und Lohnarbeit als Selbstzweck zu erleben, immer schneller und effektiver zu arbeiten. Verbunden damit ist der zeitweilige Irrglaube, so der Fremdbestimmung zu entgehen.

Wenn ein Praktikum dem anderen folgt, eine Befristung an die nächste gehängt wird, wenn der „Crowdworker“ sich nicht für fünf Euro pro Stunde bei Audi, Telekom, der Deutschen Bank, bei Coca-Cola oder bei Greenpeace verdingen kann, schwinden Illusionen und Hoffnungen.

Demokratie hat nur eine Chance, nicht zu einer „markgerechten“ zu verkommen, wenn die Menschen ihre Interessen erkennen und selbst in die Hand nehmen, wenn sich Solidarität statt Konkurrenz durchsetzt. Ein neuer Film soll dafür ein Werkzeug sein: „Der marktgerechte Mensch“. Die Macher von KernFilm, Leslie Franke und Herdolor Lorenz, haben bereits „Water makes Money“, „Bahn unterm Hammer“, „Wer rettet wen“ als mobilisierende Dokumentationen herausgegeben, die nicht nur in der Bildungsarbeit und von Bürgerinitiativen eingesetzt werden, sondern gelegentlich auch in öffentlich-rechtlichen Sendern gelaufen sind – Aufklärung im besten Sinne des Wortes. Der neue Film soll als „Film von unten“ entstehen – finanziert von denen, die ihn sehen und zeigen wollen. Die genannten und erfolgreichen Filmprojekte haben gezeigt, wie mit Aufklärung und Mobilisierung Einfluss genommen werden kann, wie Menschen in das neoliberale Räderwerk eingreifen können, wie wir Sand im Getriebe der kapitalistischen Welt werden können. Kommunen eigenen sich ihre Wasserversorgung wieder an, befreien sich von unwirtschaftlichen und undemokratischen PPP-Projekten, die Privatisierung der Bahn konnte bis auf weiteres verhindert werden.

Die Filmemacher bitten also um Hilfe, rufen zu Spenden auf, um den Film „Der marktgerechte Mensch“ realisieren zu können, so ein Stück Zukunft zu sichern. Alle Spender_innen ab 20 Euro erhalten übrigens eine DVD von dem dann fertig gestellten Film vom Verein Gemeingut in BürgerInnenhand, der aus der Kampagne gegen Privatisierungen hervorgegangen ist.           Stephan Krull

 

Weitere Infos und Teaser: www.marketable-people.org/index.php/de/

Spendenkonto:  Empfänger: Der marktgerechte Mensch, GLS-Bank, IBAN DE49430609672020346200

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