Lehrjahre sind keine Herrenjahre? Hannoversche Arbeiterjugend in der Revolte 1967/68

Walter Buschmann’s „Ente“ von 1968 mit Grafitti, was es damals eigentlich noch gar nicht gab „gegen Ausbeutung – für Mitbestimmung“ (Foto Walter Buschmann).

Für den Band „Ansichten der Revolte“ schrieben Walter Buschmann und ich  einen Beitrag zur Rolle der Arbeiterjugend. Herausragend dabei war die Jugend der IG Druck und Papier (aufgegangen in verdi), in der wir beide aktive waren. Die Herausgeber Gerd Weiberg und Wolf-Dieter Mechler erinnerten sich völlig richtig, dass „1968“ eben nicht nur eine Studi-Revolte war, sondern dass die Arbeiterjugend ebenfalls in Aufruhr war. Nun bekamen wir die Gelegenheit (Dank an die beiden Herausgeber), diese Entwicklung in dem Band zu beschreiben. Für mich war der Prozess der Erarbeitung des Aufsatzes ein sehr schönes Erlebnis, habe ich doch nach fast 50 Jahren Gefährten aus dieser Zeit wieder getroffen. Walter Buschmann selbst, in dessen Ente vorne wenig Platz war, weil vom riesigen tragbares Tonband ständig die Stones zu hören waren. Walter wurde über den zweiten Bildungsweg (Hannover-Kolleg und Studium) schließlich habilitierter Architekturhistoriker.

In unserem Beitrag kommen weitere Aktive aus der „Graphischen Jugend“ zu Wort wie Hannes Philipp, der nach vielen Jahren in der praktischen Entwicklungszusammenarbeit Geschäftsführer des Verbandes Entwicklungspolitik in Niedersachsen wurde. Ilsetraut Popke, Detlev Drews und Wilfried Klaproth steuern weitere Geschichten und Notizen zu dem Text bei.

So ist der Aufruhr nicht ein „Ereignis“, das 1969 beendet war. Der Aufruhr zieht sich durch die Biografien und das politische und gesellschaftliche agieren der Beteiligten mit Wirkungen auf die folgenden Generationen an Universitäten, in sozialen und politischen Bewegungen, in Betrieben und Gewerkschaften, „1968“ war folgenreich, wie dem Band und unserem Text darin zu entnehmen ist: Viel Spaß beim lesen!

Jugend in den 1960er Jahren

Die Revolte des Jahres 1968 ging nicht nur von den Studentinnen und Studenten in den Hochschulen und Universitäten aus – in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre sind auch junge Arbeiterinnen und Arbeiter gegen die Verhältnisse aufgestanden, haben sich gegen die Enge und Geschichtslosigkeit im Elternhaus, gegen die gesellschaftliche und politische Situation und autoritäre, ausbeuterische Ausbildungsverhältnisse und die „Lehrherren“ gewehrt. Das Jahr 1968 gehört auch der Arbeiterjugend, die Revolte dieses Jahres hat auch unser Lebensgefühl und unsere Lebensbedingungen verändert. Lehrjahre sind keine Herrenjahre? Hannoversche Arbeiterjugend in der Revolte 1967/68 weiterlesen

Vertuscht und kassiert

Vorsprung durch Betrug? Autokonzerne und die Abgasaffäre.

Vorsprung durch Technik, lautet der zentrale Audi-Werbespot. Jetzt sieht es eher so aus, als basiere der Erfolg der Premiummarke der Volkswagen AG auf Betrug. Konzernboss Rupert Stadler sitzt in Untersuchungshaft. Und ist selber schuld. Soll er doch versucht haben, Zeugen und Mitbeschuldigte zu beeinflussen und so die Ermittlungen zu behindern: Verdunklungsgefahr.

Seine Kompagnons in Vorstand und Aufsichtsrat sind gleichermaßen verantwortlich. Sie haben ihn gewähren lassen. Und es wird deutlich, dass nicht etwa Ingenieure ohne Wissen der Topmanager Autos und Abgasmessungen manipuliert haben. Betrug hat sich in der Krise zum Geschäftsmodell entwickelt. Vertuscht und kassiert weiterlesen

Protektionismus und Handelskrieg: Die falsche Antwort auf neoliberalen Freihandel!

Die Alternative zu neoliberalem Freihandel und Protektionismus sind gerechter Handel zwischen den Regionen und Ländern, sind faire Handelsbeziehungen, sind Solidarität statt Konkurrenz, sind Menschen vor Profiten!

Veröffentlicht in OSSIETZKY 8/2018

Es gibt Regeln im Welthandel, die nicht gottgegeben sind, sondern menschengemacht und veränderbar. Der US-Präsident führt uns mit den Sanktionen, mit den Verhandlungen der EU sowie den Reaktionen Chinas das gerade deutlich vor Augen.

Neben nationaler staatlicher und supranationaler europäischer Rechtsetzung gibt es die Welthandelsorganisation (World Trade Organization WTO) mit 164 Mitgliedsstaaten und Sitz in Genf. Sie wurde erst 1994 gegründet. Protektionismus und Handelskrieg: Die falsche Antwort auf neoliberalen Freihandel! weiterlesen

Steinmeier: Laufbursche der Autoindustrie

Das Komplott auflösen: Sechs Sofortforderungen

Man ist fast sprachlos angesichts der Dreistigkeit, mit der die Autokonzerne und die Regierung ihre mafiöse Zusammenarbeit betreiben. Da war der ehemalige Pressesprecher der Bundesregierung, Thomas Steg (SPD) als Oberlobbyist von Volkswagen wegen der Tierversuche mit Abgasen „beurlaubt“, schon rückt sein Stellvertreter nach: Jens Hahnefeld, hoher Beamter und Diplomat im Außenministerium  – seit vier Jahren abgestellt als „Abteilungsleiter“ bei VW, zuständig für „internationale und europäische Politik“. Zwischen Bundesregierung und Autoindustrie gibt es null Distanz, das passt kein Stück Papier. Wie Lobbyismus funktioniert wird im Mailverkehr deutlich, der unmittelbar nach Aufdeckung des Dieselbetruges zwischen Steinmeiers Amt (damals Außenminister) und dem VW-Diplomaten geführt wurde: Steinmeier: Laufbursche der Autoindustrie weiterlesen

Arbeitszeitverkürzung, Mindestlohn, Grundeinkommen: Drei Projekte, die zusammengehören!

Gemeinsam haben wir in der Attac AG ArbeitFairTeilen unsere Ideen zu Mindestlohn, Grundeinkommen und Arbeitszeitverkürzung aufgeschrieben. Der Text stammt überwiegend aus dem Krisenjahr 2009, ist aber – insbesondere bezogen auf das Grundeinkommen – sehr aktuell und nach wie vor unsere Position, die wir in die Debatte einbringen.

Mindestlohn, Grundeinkommen und ArbeitFairTeilen gehören zusammen! Arbeitszeitverkürzung, Mindestlohn, Grundeinkommen: Drei Projekte, die zusammengehören! weiterlesen

Marxistische Interventionen in die Autoindustrie

Das Geschäftsmodell der Autoindustrie ist erschöpft – wie es weitergeht, ist noch offen. Da lohnt es, über Interventionen in den Suchprozess nachzudenken, über gesellschaftliche Verantwortung und soziale Gerechtigkeit, über eine radikale Arbeitszeitverkürzung und über die Stadt der kurzen Wege, über Klimaveränderungen, Vergesellschaftung zwecks sozial-ökologischer Transformation!

I.

Das Geschäftsmodell der alten Automobilindustrie ist erschöpft wegen der versiegenden Ressourcen, der untragbaren Umweltbelastungen, der Marktbegrenzung, wegen der Begrenzung der kaufkräftigen Nachfrage und weil das Mobilitätsversprechen weder in den urbanen Zentren noch in infrastrukturarmen Regionen eingehalten werden kann. Was aus diesem erschöpften Geschäftsmodell jetzt neu entsteht, ist umkämpft (Klassenkampf): Geht es künftig weiterhin nur um Profitmaximierung oder kann nachhaltige Mobilität entsprechend den tatsächlichen Mobilitätsbedürfnissen angeboten werden, können die Mobilitätszwänge reduziert werden? Marxistische Interventionen in die Autoindustrie weiterlesen

Winterkorn hat Schuld? Irgendetwas stimmt da nicht!

Alles, was dem langjährigen VW-Boss Winterkorn vorgeworfen wird, ist aus meiner Sicht und aus meiner Erfahrung berechtigt. Trotzdem stimmt etwas nicht an der Berichterstattung, an dem Hype, der jetzt um Winterkorn gemacht wird. Irgendetwas ist falsch oder irgendetwas fehlt dort – so mein erstes Gefühl. Und dann: nachdenken. Wann begann der systematisch Betrug mit der Software zur Abgasmanipulation bei VW? Oder begann er gar nicht bei VW sondern bei Porsche? Oder bei Audi? Winterkorn hat Schuld? Irgendetwas stimmt da nicht! weiterlesen

VW: Profite durch Behinderung von Gewerkschaftsarbeit?

VW-Konzern streicht Milliardengewinne ein und wehrt sich gegen Einfluss von Beschäftigten

Frühere VW-Arbeiter in Brasilien fordern Gerechtigkeit (Sao Bernardo do Campo, 14. Dezember 2017)

Foto: Paulo Whitaker/REUTERS

Bei der Aktionärsversammlung von Volkswagen am Donnerstag in Berlin war beste Laune angesagt – 11,6 Milliarden Euro Gewinn nach Steuern, 84 Milliarden Euro Gewinnrücklagen, eine Kapitalrendite von über zwölf Prozent, 50 Millionen Euro für die Vorstandsmitglieder und Dividenden von vier Milliarden Euro für die Eigentümer. VW: Profite durch Behinderung von Gewerkschaftsarbeit? weiterlesen

Für eine neue Arbeitszeitinitiative!

Mein Beitrag zur Initiative für ein neues Normalarbeitsverhältnis; Vortrag im Workshop „Dauerstress stoppen! Für eine neue Arbeitszeitinitiative“ am 27. April in Berlin.

Wo wir herkommen

Vor fünf Jahren führten wir hier auch im Rahmen der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Tagung „Kämpfe um Zeit“ durch. Wie heute war Hilde Wagner von der IG Metall beteiligt, ebenfalls Jörg Wiedemuth, der Vorgänger von Norbert Reuter bei Verdi, Sybille Stamm, Richard Detje, Günter Busch, Florian Wilde, Bernd Riexinger und viele andere. Das Thema Arbeitszeit hatte vor fünf Jahren in den Belegschaften noch keine solche Priorität, wie das heute der Fall ist. Vielleicht hat unsere damalige Tagung, die ja selbst Ergebnis einer langen Reihe von Initiativen und Gesprächen war, dazu beigetragen, dass das Thema Arbeitszeitverkürzung jetzt – wieder – in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatte gerückt ist. Für eine neue Arbeitszeitinitiative! weiterlesen

Gasgeben im Qualityland

Together in die nächste Etappe – über den Umbau im VW-Überbau

VW-Chef Müller war als Nachfolger von Winterkorn geholt worden, um die Scherben des millionenfachen Abgasbetruges aufzukehren und die Aufklärung nicht zu weit zu treiben. Diese Arbeit ist weitgehend erledigt. In den USA wurden Strafen und Kosten von über 20 Milliarden Euro bezahlt und abgeschrieben, fast niemand fragt mehr nach den Verantwortlichkeiten für den Abgasbetrug im Konzern; von anfänglichen Sprüchen zur rücksichtslosen Aufklärung „ohne Ansehen der Person“ und von dem Versprechen der Transparenz ist nichts geblieben – trotz Landesbeteiligung und weitgehender gewerkschaftlicher Mitbestimmung im Unternehmen. Gasgeben im Qualityland weiterlesen