Steinmeier: Laufbursche der Autoindustrie

Das Komplott auflösen: Sechs Sofortforderungen

Man ist fast sprachlos angesichts der Dreistigkeit, mit der die Autokonzerne und die Regierung ihre mafiöse Zusammenarbeit betreiben. Da war der ehemalige Pressesprecher der Bundesregierung, Thomas Steg (SPD) als Oberlobbyist von Volkswagen wegen der Tierversuche mit Abgasen „beurlaubt“, schon rückt sein Stellvertreter nach: Jens Hahnefeld, hoher Beamter und Diplomat im Außenministerium  – seit vier Jahren abgestellt als „Abteilungsleiter“ bei VW, zuständig für „internationale und europäische Politik“. Zwischen Bundesregierung und Autoindustrie gibt es null Distanz, das passt kein Stück Papier. Wie Lobbyismus funktioniert wird im Mailverkehr deutlich, der unmittelbar nach Aufdeckung des Dieselbetruges zwischen Steinmeiers Amt (damals Außenminister) und dem VW-Diplomaten geführt wurde: „Lieber Jens“, gemeint ist der beamtete Diplomat und VW-Abteilungsleiter Hahnefeld, „Lieber Jens, wir brauchen sehr eilige eine Stellungnahme von VW … zumindest kurze Sprachregelung.“ Weiter schreibt das Außenministerium in einer Mail: „Wir haben den Leiter Regierungsbeziehungen bei Volkswagen und unseren Kollegen Jens Hanefeld befasst, der sich dort um den Fall kümmern soll.“ Panorama hat das entsprechend recherchiert und dokumentiert.

Abgesehen von der Tatsache, dass sich Steinmeier als Laufbursche von Volkswagen gegenüber den US-Behörden benutzen lässt, offenbart diese Verquickung, dass die Bundesregierung von Beginn an und voll inhaltlich in den massenhaften betrug von Volkswagen eingeweiht ist. Nun wundert es auch nicht mehr, dass sowohl Merkel als auch ihre sozialdemokratischen Koalitionäre, die niedersächsische Landesregierung und viele Bürgermeister nur ein Mantra kennen: Fahrverbote müssen verhindert werden. Das, was da gerade in Hamburg vorgeführt wird, ist reinste Symbolpolitik, noch dazu umweltschädlich.

Gregor Hackmack von Abgeordnetenwatch sagt dazu ganz bescheiden: „Man kann bei dieser Affäre schon fragen, ob das im Interesse der Allgemeinheit ist. Denn am Ende sind viele Tausend Menschen geschädigt und betrogen worden in Deutschland und USA. Und da gehört es sich für die Regierung, Abstand zu halten und nicht noch sozusagen die eigenen Mitarbeiter auszuleihen beziehungsweise in den Sonderurlaub zu schicken, um für Konzerne zu arbeiten.“

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagt lakonisch und gleichzeitig entlarvend: „Es ist auch ein Instrument, um das Kennenlernen zwischen wirtschaftlichem und ministeriellem Tätigwerden zu regeln. Und das ist eigentlich auch in diesem Fall der Fall.“ Das Auswärtige Amt sieht die besondere Begründung für den jetzt schon über vier Jahre andauernden Sonderurlaub Hanefelds in der „Steigerung der Kompetenzen im Außenwirtschaftsbereich, der Außenwirtschaftsförderung sowie zum gegenseitigen Verständnis von Wirtschaft und Auswärtigem Amt.“ Na dann ist ja alles klar!

Selten wird der Autoindustrielle Komplex so sichtbar wie an diesem Beispiel. Was wäre zu tun, um die unheilige Allianz aufzulösen? Das Mindeste und sofort zu veranlassende wären folgende Punkte:

  • Die Staatsanwaltschaften in Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg sollten ihre Ermittlungen beschleunigen. Wenn sie dafür mehr Personal benötigen, muss ihnen das zur Verfügung gestellt werden. Die bisherig Straflosigkeit derjenigen, die Millionen Kundinnen und Kunden betrogen und beschädigt haben, erschüttert das Vertrauen in diesen Staat weit mehr, als die aufgeblasene „BAMF-Affäre“.
  • Die Bundesregierung offenbart alle Beziehungen zu Volkswagen und zieht alle Beamten ab, die noch bei Volkswagen in Funktion sind; zur Offenbarung gehört eine Liste von Personen, die im Auftrage von Volkswagen in Bundes- und Landesministerien oder deren Verwaltungen beschäftigt werden und sofort ihre Arbeit dort beenden.
  • Die Arbeitnehmervertreter und Vertreter der Landesregierung im Aufsichtsrat von Volkswagen müssen jetzt ihre Mehrheit nutzen, um den Abgasbetrug wirklich ohne Ansehen der Person aufzuklären. Unter der Verantwortung von Wolfgang Porsche und Hans Dieter Pötsch ist bisher nur verschleiert, aber nicht aufgeklärt worden.
  • Das Unternehmen Volkswagen ist unter öffentliche, demokratische Kontrolle zu stellen. Die Aufsicht ist einem Gremium aus Belegschaftsvertretern, Gewerkschaftsvertretern, Vertretern von Umwelt-, Verkehrs- und Verbraucherverbänden und der Landesregierung zu übergeben. Die Referenz dafür ist der Monitor Larry Thompson, den die US-Regierung in einer Vereinbarung nach dem vollumfänglichen Schuldgeständnis  von Volkswagen zunächst für den Zeitraum von drei Jahren eingesetzt hat. Das oberste Management wird ohne Fortzahlung der Bezüge freigestellt – alle Gehalts- und Pensionsanspruch werden zur Begleichung etwaiger  der Schadenersatzforderungen auf ein Treuhandkonto eingezahlt.
  • Der neue Aufsichtsrat überprüft die Dividendenzahlungen an die Familien Porsche und Piëch sowie an die die Staatsholding von Katar unter dem Gesichtspunkt, Rückzahlungen zu fordern zumindest für den Teil, der auf den Abgasbetrug zurückgeführt werden kann.
  • Der so neu gebildete Aufsichtsrat leitet behutsam eine Wende in der Produktion in Richtung einer nachhaltigen, gesellschafts- und sozialverträglichen Mobilität ein – beginnend in Deutschland, dann aber ausgeweitet auf alle Länder, in denen Volkswagen Produktionsstätten hat.

https://daserste.ndr.de/panorama/Regierungsbeamter-seit-Jahren-an-VW-ausgeliehen,vw4294.html

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