Die Auto- und Zulieferindustrie haben nach einer Pause von vier Wochen angekündigt, die Produktion wieder hoch zu fahren. Abgesehen davon, dass das in der Pandemie unabsehbare Gefahren beinhaltet, besteht die längerfristige Herausforderung darin, anders zu produzieren und zu arbeiten als vor der Pandemie. So kann es nur heißen: Konversion statt Rezepte von gestern!
Die Autoindustrie ist bei der Bundesregierung mit dem gefühlt zwanzigsten „Autogipfel“ und bei der EU-Kommission mit ihren Forderungen nach Subventionen und Deregulierung von Sicherheit, von Arbeits-, Klima- und Umweltstandards auf offene Ohren gestoßen. Die Ministerpräsidenten der Autoländer Bayern und Niedersachsen, Markus Söder und Stephan Weil, machen sich für Programme wie die „Abwrackprämie“ aus 2009 stark – umbenannt in eine „Innovationsprämie“. Die Erneuerung des Fahrzeugbestandes soll wieder mit der Verschrottung voll funktionsfähiger Fahrzeuge einhergehen. VDA-Vorstand Wolf spricht in diesem Zusammenhang von 20 Milliarden Euro Staatshilfe und einem Verzicht der Beschäftigten auf den Sommerurlaub. Niedersachsens Wirtschaftsminister Althusmann bittet um „Nachsicht“ bei der EU, weil die Klimaziele schwer erreichbar seien.
Aus all dem ergibt sich die Absicht der Eigentümer, die Absatzverluste der vergangenen Monate, die sich schon weit vor der Krise abzeichneten, mit staatlicher Unterstützung aufzuholen. Es droht ein neuer und rücksichtsloser Dreh an der Spirale der Motorisierung, des Ressourcenverbrauchs und der Schadstoffemission, die doch selbst alle Teil des Problems sind.
Das widerspricht auch eklatant den Anforderungen an Mobilität von heute, es widerspricht den Anforderungen zur Senkung von Schadstoffen aus dem motorisierten Individualverkehr.
Die Autokonzerne sollten jetzt zu Anbietern für Mobilitätsbedürfnisse auf Basis sozial-ökologischer Nachhaltigkeit umgebaut werden – dieses auch, um die drohende und schon begonnene Vernichtung von Arbeitsplätzen durch eine solche Konversion hin zu bedarfsgerechter Mobilität mit Bus und Bahn in Stadt und Land aufzuhalten. In der Bahnindustrie und bei den Verkehrsbetrieben fehlen hunderttausende Beschäftigte, um die Mobilitätsbedürfnisse zu erfüllen.
Die Initiatoren der gemeinsamen Erklärung raten deshalb, folgende Maßnahmen und Projekte jetzt zu planen und gemeinsam anzugehen:
- KFZ-Steuerreform: Bonus für Kleinwagen, Malus für Fahrzeuge mit mehr als 120 PS, mehr als 2.000 ccm, exponentiell steigend (Luxussteuer) für größere, schnellere, schwere Autos.
- Fahrzeuge über 2,5 Tonnen Gesamtgewicht werden mautpflichtig
- Alle Steuervorteile für MIV und Subventionen für die Autoindustrie streichen – Jobtickets statt Dienstwagen.
- Geschwindigkeitsbegrenzungen 30 / 90 / 110 – zum Klimaschutz und zur Verhinderung schwerer Unfälle mit über 380.000 Verletzten und über 3.000 getöteten Personen allein im Jahr 2019.
- Ausbau von Fuß- und Radwegen.
- Ausbau des ÖPNV – Sperrung von Innenstädten für den MIV, Reaktivierung lebendiger Orte und Städte mit guten fußläufigen Einkaufsmöglichkeiten (Stadt der kurzen Wege).
- Arbeitszeitverkürzung – kurze Vollzeit von durchschnittlich 30-Stunden-/4-Tage-Woche für alle.
- Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit / Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen
- Straßenneubau grundsätzlich beenden – Geld frei für den ÖPNV
- Kein Geld für Ladeinfrastruktur aus der öffentlichen Hand
- Aufbau regionaler Wirtschaftskreisläufe – local for local
- Aufbau transparent arbeitender regionaler Transformationsräte aus Industrie, Gewerkschaft, regionaler Politik, Umwelt- und Verkehrsverbänden
- Vergesellschaftung der großen Auto- und Zulieferkonzerne in Deutschland entsprechend der Grundgesetzartikel 14 und 15 mit dem Ziel, öffentliche Unternehmen für Mobilität als Daseinsvorsorge in urbanen Zentren wie in ländlichen Regionen zu entwickeln.