Armut in einer reichen Stadt
„Reicher Mann und armer Mann, standen da und sahen sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich.“ B. Brecht.
Woher die Reichen ihren Reichtum haben? In kapitalistischen Gesellschaften durch Ausbeutung von Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeitern, von der Ingenieurin bis zum Bandarbeiter, von der Chemielaborantin bis zur Altenpflegerin. Und durch Korruption. Das Horten von Reichtum ist die Ursache von Armut.
Ungläubig wird von vielen zur Kenntnis genommen, dass es in Hamburg 1.300 Einkommensmillionäre und mehr als 40.000 Vermögensmillionäre gibt; wobei die Millionen nach oben offen sind. Tatsächlich handelt es sich überwiegend um Multimillionäre und einige Milliardäre. Alles unvorstellbarer Reichtum für uns normale Menschen. Wir können uns nicht gut vorstellen, wie so ein Luxusleben aussieht.
Zur Illustration möchte ich zwei Annoncen für „Hauspersonal für höchste Ansprüche“ zitieren. Die Vermittlung wirbt u. a. mit dieser Aussage in ihrem Hauskatalog: „Eine Haushaltshilfe hat anfallende Arbeiten im Haushalt zu koordinieren und durchzuführen. Sie räumt auf, macht Wäsche und bügelt diese oder macht sauber. Haushaltshilfe ist kein Ausbildungsberuf. Der Auftraggeber hat bei einer Haushaltshilfe konkrete Anweisungen zu geben und kann in sofern eine Entlastung erwarten. Eine Haushaltshilfe ist eine ideale Entlastung für alle Besserverdienenden.“ Folgende Tätigkeiten werden angeboten bzw. vermittelt: Kindermädchen und Nanny, Haushälterin, Hauswirtschafterin, Hausmeister, Gärtner, Chauffeur, Hausdame, Kinderbetreuung, Diener und Butler, Koch und Köchin, Privatsekretärin, Haushaltshilfe. An Referenzen werden seitens der Vermittlungsfirma u.a. die Famlien Boehringer, Rickmers, Saalfeld, von Bismarck, Eckelmann, Möhrle und Oetker genannt.
Nun zu den Annoncen von zwei Familien, die je eine Haushälterin suchen.
Familie A sucht eine Haushälterin (m/w/d) für einen exklusiven Zwei-Personen-Schlosshaushalt mit Leidenschaft zum Kochen in Vollzeit. „Das Anwesen bietet eine herrschaftliche Atmosphäre. Die Lage des Anwesens zeichnet sich durch seine Abgeschiedenheit aus. Neben Einkauf, Vorratshaltung und Menüplanung liegt der Schwerpunkt auf der Zubereitung eines späten Mittagessen mit leichter und frischer Küche. Zudem sollten Sie hundelieb sein, da drei Hunde das Unternehmerpaar bereichern. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Hausmeister ist unerlässlich. Weiterhin obliegt Ihnen die Betreuung und Anleitung der beiden Haushaltshilfen. Als Aufgaben werden dann u.a. aufgezählt: Haushaltsmanagement, Einkauf, Vorratshaltung, Menüplanung, Kochen, Silberpflege, Koordination und Führung der Reinigungskräfte.“

Familie B sucht eine kinderliebe Haushälterin (m/w/d) für Vierköpfige Familie in Teilzeit (30-Std.-Woche). „Gesucht wird eine liebevolle Unterstützung im Haushalt und bei der Kinderbetreuung. Während der Hälfte Ihrer Arbeitszeit kümmern Sie sich kompetent und selbständig um alle hauswirtschaftlichen Aufgaben wie Putzen, Textilpflege und das Einkaufen sowie die Erledigung von Besorgungen. Wenn Sie Freude daran haben und es die Zeit erlaubt, dürfen Sie sich auch gerne dem Garten widmen.
Die andere Hälfte der Zeit würde sich die Mama sehr freuen, wenn Sie sie bei der Kinderbetreuung unterstützen würden. Das bedeutet, den Sohn zum Kindergarten bringen oder von dort abholen, das Baby betreuen wenn die Mama Termine hat oder auch mal nach Absprache am Abend für Babysitterdienst zur Verfügung zu stehen. Sie sind empathisch, anpassungsfähig und dienstleistungsorientiert. Sie erkennen selbst, was die Mama bzw. die Familien gerade an Unterstützung benötigt und handeln dementsprechend. Der Besitz des Führerscheins wird vorausgesetzt, damit Sie sich auch um das Familienauto kümmern können (Inspektion, Reifenwechsel, Tanken etc.). Ihre Aufgaben: gründliche Raumpflege, Textilpflege inklusive Bügeln, Erledigung von Besorgungen und Einkäufen, Kinderbetreuung und Babysitting.“

Armut:
Etwas 7.000 Personen wandern wegen „Schwarzfahren“ bzw. weil sie die Strafe nicht zahlen können jährlich in den Knast („Ersatzhaft“).
Nötig wären ein massiver Ausbau der Systeme des öffentlichen Personennahverkehrs, deutlich preiswertere Tickets, zahlbare Sozialtarife bis hin zum Nulltarif. Die Abschaffung der Ersatzhaft würde Koste in Höhe von 200 Mio. pro Jahr einsparen und Behörden und Justiz entlasten. https://www.hinzundkunzt.de/wegen-armut-hinter-gittern/

Im Hamburger Straßenmagazin Hinz und Kunzt findet sich in der Ausgabe 12/2024 ein Interwiev mit Helena Steinhaus von der Initiative „Sanktionsfrei“, darin u..a.:
Hinz&Kunzt: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat das Bürgergeld als „größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren“ bezeichnet. Welche Bilanz ziehen Sie nach zwei Jahren?
Helena Steinhaus: Ziel der Reform war, den Menschen mit mehr Respekt und auf Augenhöhe zu begegnen, Weiterbildung in den Vordergrund zu stellen statt Zwang. Nichts davon ist eingetreten. Nur ein schöner Name, aber mindestens dasselbe Stigma.
Warum ist die Erzählung von den faulen Arbeitslosen, die uns auf der Tasche liegen, immer wieder so erfolgreich?
Stete Wiederholung verfängt sich. Diese Erzählung ist ja kein neues Phänomen, die gibt es seit Jahrhunderten. Und sie ist auch kein deutsches Phänomen. Armut wurde immer wieder stigmatisiert: Man sagt, die Menschen seien selbst schuld an ihrer Situation. Das ist einfacher, als sich als Gesellschaft zu fragen: Woran liegt es, dass es Verlierer gibt? Warum dürfen reiche Menschen erwerbslos sein und von unserer Infrastruktur profitieren, wie sie wollen, während arme Menschen ausgegrenzt werden?
Bei der Bundestagswahl geht es auch um die Frage, wie viel Sozialstaat wir uns leisten wollen und können. Union und FDP sagen, die Sozialausgaben würden explodieren. Gleichzeitig müsse die Schuldenbremse eingehalten werden. Es gebe also keinen Spielraum, wir müssten sparen. Was sagen Sie dazu?
Ich meine: Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten.
Was bedeutet das?
Es kann nicht sein, dass die, die eh nichts haben, noch ihre letzten Socken ausziehen müssen, damit es der Gemeinschaft gut geht. Die Anzahl der Milliardäre hat sich im Lauf der Pandemie fast verdoppelt. Wir haben Erbschaften, die quasi unbesteuert von einer Generation an die nächste gehen. Deshalb: Erbschaften müssen stärker besteuert werden. Und die Vermögenssteuer muss wieder angewendet werden.