Zur Verkehrswende bedarf es politischer Entscheidungen – jetzt! In der Krise nicht wegducken, sondern handeln!

Sollte MP Stephan Weil zurücktreten? Welche Schritte zur Verkehrswende sind einzuleiten? Autokonzerne zur Rechenschaft ziehen für Rechtsbrüche!

Der millionenfache Abgasbetrug ist ebenso Ausdruck der Branchenkrise wie das Kartell zum Nachteil der Kunden. Inzwischen stehen bei fast allen Vorständen der großen Autokonzerne staatsanwaltschaftliche Ermittlungen an, in den Konzernzentralen von Volkswagen, Mercedes, BMW, Audi und Porsche finden regelmäßig Hausdurchsuchungen statt. Es ist nicht übertrieben, in diesem Zusammenhang von einer kriminellen Vereinigung zu sprechen.

Ein interessantes Detail ist dabei, dass die anderen, ausländischen Hersteller in Deutschland, um nur Ford und Opel zu nennen, in diesen Sumpf nicht einbezogen sind. Bildet dieses exklusive Konglomerat einen möglichen „nationalen“ Autokonzern, die Deutsche Auto AG, ab? Sichtbar ist auf jeden Fall, dass die Zeiten sich ändern – nicht nur technisch, sondern auch bezogen auf  die Konkurrenzsituation der großen Spieler in diesem Big Business.

Das Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil seine Rede zur Krise bei VW zur Korrektur den Fachleuten des Unternehmens vorab zukommen ließ, ist nach dem skandalösen „Dieselgipfel“ nur ein weiteres Detail der Kooperation oder, genauer, der Symbiose zwischen Autokapital und Staat. Wenn dann noch das Verbrechen hinzukommt – und das ist sowohl beim Abgasbetrug wie auch bei der Kartellbildung der Fall – dann ist ein grundsätzlicher Neustart unverzichtbar. Bei dem „Filz“ zwischen VW und niedersächsischer Politik, von dem gelegentlich die Rede ist, handelt es sich übrigens um eine gesetzliche Regelung, die im Interesse des Landes und der Beschäftigten ist – dem Anteil des Landes  am Stammkapital und daraus resultierender Mitgliedschaft des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministers im Aufsichtsrat. Die Gegner des VW-Gesetzes nutzen  diese Situation wieder einmal, um die Mitbestimmung im Allgemeinen und die Landesbeteiligung an VW im Besonderen in Verruf zu bringen.

Dieser  Neustart ist im Übrigen auch die einzige Möglichkeit, Arbeitsplätze und Standorte zu erhalten – dementsprechend sollten Beschäftigte, Gewerkschaften und Betriebsräte ein außerordentliches Interesse daran haben, dass die vorhandenen Möglichkeiten für ein Reset und einen Neubeginn auch mutig angepackt werden. Die Forderung nach einem Rücktritt von MP Weil scheint mir da wenig hilfreich zu sein. Richtiger wäre es, entschlossenes politisches Handeln von ihm zu fordern, eine Verkehrswende einzuleiten und Wirtschaftsdemokratie zu ermöglichen. Die Mehrheit von Landesregierung plus Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat von Volkswagen ermöglich solch eine Politik. Es ist völlig unverständlich, warum Ministerpräsiden Weil und Wirtschaftasminister Ließ nicht längst auf diese Mehrheit setzen. Zur Verkehrswende liegen vielfältige Vorschläge vor für die unterschiedlichen staatlichen Ebenen und für die Unternehmenspolitiken, teils viele Jahre schon erklärt und begründet, teils auch neu. Diese Vorschläge beinhalten auch eine Abkehr von der autoritären Ideologie des Autos; von der Wahnvorstellung, dass „freie Fahrt für freie Bürger“ ein Staatsziel sei; von der Verselbständigung von „Mobilität“ mit über 3.000 tödlich verletzten Menschen pro Jahr allein in Deutschland.

  • Die staatliche Subventionierung der Auto- und Logistikindustrie ist  zu beenden! Eine Industrie, die Milliarden Profite für die Großaktionäre realisiert, bedarf keiner öffentlichen Unterstützung. Das gilt gleichermaßen für Subventionen der  Europäischen Union.
  • Die Konzepte für Elektro-Mobilität sind auf das tatsächliche Nutzerverhalten zu orientieren; die weit überwiegenden Fahrten finden mit 1 bis 2 Personen und wenig Gepäck im Nahraum statt. Die Grenzen der Elektromobilität sind zu beachten! (http://www.spektrum.de/kolumne/was-waere-wenn-wir-alle-elektrisch-fahren-wuerden/1441400) 
  • Die Besteuerung von Dieselkraftstoff ist auf das Niveau der Besteuerung von Benzin mit Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer anzuheben.
  • Das „Dienstwagenprivileg“ (70 Prozent aller Neuzulassungen sind Dienstwagen) muss abgeschafft werden; es ist nicht hinnehmbar, dass Dienstwagennutzer nur 1 Prozent des Listenpreises zu versteuern haben. Und dem Staat damit bis zu 4 Milliarden Euro pro Jahr an Einnahmen entgehen.
  • Der Neu- und Ausbau von Straßen ist zu stoppen. Die Erfahrung zeigt: Wo Straßen gebaut werden, geht der Autoverkehr hin. Die frei werdenden Mittel werden umgeleitet: Die Stadt- und Landschaftsplanerischen Ziele und Ressourcen werden zur Verbesserung des Rad- und Fußverkehrs eingesetzt.
  • Einführung einer Luxussteuer (50 Prozent) für PKW’s über 3 Liter Hubraum bzw. von mehr als 150 PS – tatsächlich benötigt niemand diese besonders gefährlichen und besonders die Umwelt verschmutzenden Fahrzeuge.
  • Strikte Geschwindigkeitsbegrenzungen in Wohngebieten auf 30 km/h, auf Landstraßen auf 90 kmh und Autobahnen auf 110 km/h – wie das international üblich ist.
  • Das Flugbenzin ist mit Mehrwert- und Mineralösteuer zu belegen. Start- und Landeverbote von 22 bis 6 Uhr.
  • Die Städte und viele Straßen sind für Schwerlastverkehr zu sperren; das Fahrverbot für LKW’s ist täglich von 22 bis 6 Uhr sowie auf den Samstag zu erweitern, strikter einzuhalten und zu kontrollieren, (das sommerliche Wochenendfahrverbot ist auf das gesamte Jahr auszudehnen).
  • Die Maut für den Schwerlastverkehr (über 7,5 Tonnen  Gesamtgewicht) wird in jeder Schadstoffklasse verdoppelt.
  • In den Städten und Ortschaften werden große autofreie Zonen gefördert, die Raum geben für lebendige Städte, für spielende Kinder und sich begegnende Menschen. (siehe z.B. http://www.fuss-ev.de/ und https://www.adfc.de/)
  • Es wird hingearbeitet auf einen fahrscheinlosen ÖPNV; Bus und Bahn werden im Nah- und Fernverkehr flächendeckend und preiswert angeboten.
  • Die vielfältigen Rechtsverstöße der Autoindustrie und ihre Großaktionäre werden konsequent geahndet, sie müssen für die Schäden von Abgasbetrug und Kartellbildung haften.

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