VW Hauptversammlung – kreative Buchführung

Kurz vor der Aktionärsversammlung von #volkswagen etwas zur allgemeinen Information und zur Ernüchterung derjenigen, die sich an kreativer Bilanzierung berauschen:

Zwar werden 5,4 Mrd € als Gewinn ausgewiesen – allerdings nur unter Berücksichtigung der Auflösung von Rückstellungen (12 Mrd. Euro), der Reduzierung des Cashflow (4 Mrd. Euro) und der Erhöhung der Finanzschulden (9 Mrd. Euro). Der Zulassungsrekord wurde durch teure Rabattaktionen, durch zehntausende Eigenzulassungen und hunderttausende Tageszulassungen erreicht, die den Händlern aufgedrückt wurden.

Und 2017? Mehr als 20 Tage Kurzarbeit in Emden, zwei Wochen Produktionsstillstand in der Golffertigung in Wolfsburg – und vage Aussichten auf E-Mobilität in einigen Jahren. Unkalkulierbare Risiken  bezüglich der Folgen des Abgasbetruges  und der Produktentwicklung,. 25% Produktivitätssteigerungen in vier Jahren können nicht durch mehr Produktion aufgefangen werden und führen zu irrsinnigen Leistungsverdichtungen. 30.000 Beschäftigte der sogenannten Stammbelegschaften sollen möglichst schnell abgebaut werden, darüber hinaus alle Leiharbeiter mit Konsequenzen für zehntausende in der Zulieferindustrie.

In den USA betreibt Volkswagen schon einen Klein-Krieg gegen die UAW, die Schwestergewerkschaft der IG Metall.  Und in Deutschland wird der Rüstungsbereich von VW systematisch ausgebaut: „Die neue Dimension geschützter Mobilität“ (https://www.rheinmetall-defence.com/de/rheinmetall_defence/company/divisions_and_subsidiaries/rheinmetall_man_military_vehicles/)

Das #handelsblatt berichtet: Die Marke Volkswagen profitiert von einer Umstellung in der Bilanzierung. Bislang war der tendenziell renditeschwächere ausländische Vertrieb anderer Töchter aus dem Konzern auch der Marke VW zugeordnet worden. Der Konzern hat in vielen Ländern nur eine einzige Vertriebsgesellschaft, die dann wiederum alle Marken verkaufen. Die Kennzahlen dieser ausländischen Vertriebsgesellschaften werden nun dem Konzern zugerechnet und bei der Marke VW herausgenommen. Das führt dazu, dass bei der Marke Umsatz und Ertrag zurückgehen.

Der Handel gilt nun wiederum als vergleichsweise renditeschwach. Der Umsatz fällt stärker als der Ertrag, was bei der Marke Volkswagen zu einer höheren Rendite führt. Nach alter Berechnung lag der Umsatz im vergangenen Jahr bei 106 Milliarden Euro, nach dem neuen System sind es 74 Milliarden Euro. Der operative Gewinn fällt durch die Umstellung von 1,9 auf 1,6 Milliarden Euro, die Rendite steigt von 1,8 auf 2,1 Prozent. Im ersten Quartal von 2017 ist die Rendite der Marke von 0,3 auf 4,6 Prozent angestiegen.

„Die Marke Volkswagen dürfte von dieser Umstellung in den kommenden Jahren stark profitieren, vielleicht sogar stärker als durch das Sparprogramm. Für den gesamten Konzern ändert sich durch die Umstellung allerdings überhaupt nichts, Umsatz und Ertrag bleiben gleich. Die Marke Volkswagen profitiert nachweislich: Das niedrige Ertragsniveau sieht durch die Umstellung gleich etwas besser aus.

Verpasste Chancen: Keine Kabinen-Bahn in Wolfsburg. Bereits 1973 gab es bald wieder verworfene Pläne für eine Kabinen-Bahn in VW-Werk und Stadt Wolfsburg. Die erwogene Alternative eines Demand-Busses, der auf eigenen Spuren und fahrerlos in Ballungsgebieten eingesetzt wird, wurde ebenfalls im Giftschrank des Unternehmens verschlossen (Auto Motor Sport 21./1973). Ähnliche Pläne gab es in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre für Berlin bzw. für einige Stadtbezirke von Berlin (Berliner Verkehrsblätter 78/234, Protokoll der 178 Sitzung des deutschen Bundestages vom 12.10.1979, Seite 14077). Bereits1974 wurde in Kiel eine innerstäditische Seilbahn eröffnet. Im Jahr 2009 wurde eine kleinere Variante nur für die sogenannte Wolfsburger „Autostadt“ nochmals geprüft – und wiederum verworfen (WAZ, 25.9.2009). Der „Spiegel“ schrieb in seiner Ausgabe 19/1973 unter dem Titel „Wird das Auto ausgesperrt“ u.a.:
* Park-and-ride-Einrichtungen, die am Stadtrand an allen wichtigen Einfallstraßen oder an den Grenzen zur Innenstadt angelegt werden. Von den Parkhäusern kann der Pendler direkt
* U- und Schnellbahnen erreichen, die ihn schneller und billiger als bisher auf magistralen Trassen ohne ständigen Zwischenhalt in den Stadtkern bringen oder an Anschlußpunkte von
* Kabinenbahnen, die auf verzweigten Wegen weitere Regionen bedienen und zugleich den. Fahrgast zu anderen Schnellbahn-Linien befördern können — eine Aufgabe, die auch von
* Buslinien auf eigenen Fahrspuren übernommen werden könnte.
Aus all dem wurde nichts, weil Volkswagen und die anderen Automobilkonzerne alle Verkehrsmittel – außer natürlich das Auto – verhindern oder deren Rolle minimieren wollten.
Welche Chance wäre es gewesen, solche Systeme schon vor 40 Jahren einzuführen?
Welche Chance gibt es, heute an die damaligen Pläne anzuknüpfen?

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