Volkswagen – vom Sanierungsfall zum Höhenflug

Das VW-Gesetz und die Privatisierung

Die Konkurrenz der Automobilindustrie wird mit harten Bandagen ausgetragen. Es geht um Marktanteile und Maximalprofite! Es geht nicht nur um Gewinn, sondern um Mindestrenditen; wenn die nicht erreicht sind, wird der „Sanierungsfall“ ausgerufen. Bei Volkswagen ist der Mindestprofit inzwischen bei 10%, weil Toyota auch 10% Profit aus den Arbeiterinnen und Arbeitern der Fabriken und Zulieferbetriebe presst.

Im Krieg der Automobilgiganten gibt es Opfer wie in jedem Krieg: Übernahmen, Fusionen und Liquidationen, die Reduzierung der selbständigen Hersteller ist absehbar. Bei Karmann sind 1.800 Entlassungen angekündigt, GM schließt in den USA 13 Werke, Daimler in Spanien ein Werk. In den „gesättigten Hochlohnländern“ in Westeuropa und USA, auch in Südamerika und in Afrika, bleiben tausende Arbeitsplätze und leer geräumte Produktionsstandorte auf der Strecke. Auf der Strecke bleibt die ökologische Verantwortung, mit den Ressourcen Stahl und Öl wird verschwenderisch umgegangen, die notwendige Wende in der Energie- und Verkehrspolitik durch die Lobby verhindert. Transporte auf der Straße verdoppeln sich in den nächsten 10 Jahren, die ökologischen Probleme und gesellschaftlichen Kosten sind absehbar. Vor AIDS ist der Unfalltod eine der häufigsten Todesursachen: Weltweit sind es ca. 1,2 Millionen Menschen pro Jahr, die bei Verkehrsunfällen ums Leben kommen. Je ärmer die Länder, desto schlechter die Straßen und Autos. Nun bauen die Automobilkonzerne in den so genannten Niedriglohnländern Low-Cost-Fabriken mit geringeren Umwelt- und Sicherheitsstandards.

Das ist ein Teil des Hintergrundes, vor dem VW und andere Automobilkonzerne rund um den Erdball Personal abbauen, Arbeitszeiten verlängern, Löhne und Sozialleistungen senken.

1. Im Frühjahr 2006 hat der VW-Vorstand die IG Metall zu Verhandlungen aufgefordert, weil die sechs westedeutschen Werke der Marke Volkswagen rote Zahlen schrieben, der Zukunfts-Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung nicht einzuhalten wäre. VW zog die Zusagen zur Auslastung der Fabriken vom November 2004 zurück, die unter dem Vorbehalt der „Wirtschaftlichkeit“ standen. Von Verlusten war die Rede, der Ausweg aus der Misere wurde gleich mitgeliefert: Arbeitszeitverlängerung bei gleich bleibender Entlohnung, also eine Senkung der Stundenentgelte und Abbau von Personal. Sollte die IG Metall zu keinen Zugeständnissen bereit sein, werden die Werke „ausbluten“, weil keine neuen Produkte an diese vergeben würden; konkret ging es um die nächste Generation des Golf in Wolfsburg, um Motore in Salzgitter, Achsen und Lenkungen in Braunschweig, Getriebe in Kassel und vieles mehr. Der VW-Vorstand stellte eine Auslastung der Werke in Aussicht, wenn dieses nach Kostensenkungen wirtschaftlich vertretbar sei. Die IG Metall hat es sich mit der Entscheidung nicht leicht gemacht, letztlich dem Druck nachgegeben und gefordert, dass es keine Arbeitszeitverlängerung „ohne jeglichen Lohnausgleich“ geben dürfe, dass Prozesse verbessert und die Fabriken ausgelastet werden müssten. Es wurden die für 2007 und 2008 anstehenden Lohnverhandlungen in die Gespräche einbezogen und in das Verhandlungsergebnis integriert2 (1000 € pauschale Einmalzahlung sowie Übernahme des Tarifergebnisses der Metallindustrie im Jahr 2008), als „Teillohnausgleich“ für die Arbeitszeitverlängerung und das Ende der 30-Stunden-Woche wurde ein einmaliger „Rentenbaustein“ von 6279 € vereinbart. Über den „Geldsegen“ haben sich viele Beschäftigte gefreut, längere Arbeitszeit, Erhöhung der Arbeitsintensität und Rekordgewinnzahlen kamen später und warfen Fragen auf, die nun laut werden.

2. Wieso wurde VW im Herbst 2006 als „Sanierungsfall“ bezeichnet, weshalb dringend eine „Restrukturierung“ eingeleitet werden musste, – trotz bis 2011 gültigen Tarifvertrages – um „Standorte und Beschäftigung“ zum x-ten Mal zu sichern. Während der IG Metall-Bezirksleiter im September 2006 von „dreistelligem Millionenverlust“ sprach, wies das Unternehmen eine Gewinnverdopplung für 2006 auf 2,75 Mrd. € aus, die ohne „Sanierungskosten“ (Einmalzahlungen und Aufhebungsverträge) um 1,7 € Mrd. höher gewesen wäre. Der Widerspruch liegt im Blickwinkel: Die „Millionenverluste“ sind – angeblich – in den sechs Werken der VW AG, für die der Haustarifvertrag gilt (Wolfsburg, Braunschweig, Salzgitter, Hannover, Emden, Kassel) entstanden, die Gewinne haben die „anderen Standorte“, vor allem Audi und Financial Service eingefahren. In vielen anderen Standorten, in Belgien, Spanien, Mexiko, Brasilien, Südafrika, werden die gleichen Argumente benutzt, um Verzicht auf soziale Leistungen und unbezahlte Arbeitszeitverlängerung zu erpressen. Die IG Metall räumt ein, dass es „keine echten Kostenvergleiche der Standorte gibt“, kommt aber zu dem umwerfenden Schluss: „Die Arbeitskosten in den deutschen Werken liegen ungleich höher. Die IG Metall kommt angesichts der massiven Drucksituation nicht drum herum, eine Antwort auf die hohen Arbeitskosten zu geben.“3 Diese Antwort ist Arbeitszeitverlängerung, womit Personalabbau von 20.000 Beschäftigten kompensiert wird (im gesamten Konzern von 344.900 im Jahr 2005 auf 324.900 im Jahr 2006)4, womit Entlassungen und Verlagerungen aus Brüssel und anderen Werken ausgeglichen werden. Der GBR-Vorsitzende erläutert in der FAZ: Wegen zu hoher Kosten „haben wir 2006 einen Tarifvertrag ausgehandelt, der unsere Personalkosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gebracht hat“.5 Mehr Überstunden, Wochenendarbeit, Sonderschichten und Zeitarbeit werden angeordnet, um die Arbeit mit den so angepassten „Arbeitskosten“ zu schaffen. Nach den Entlassungen in Brüssel hat die VW-Tochter AutoVision dort Personal zu geringeren Konditionen eingestellt.

Beschäftigte in der VW-AG bzw. den Werken der VW-AG


VW-AGWolfsburgBraunschweigHannoverSalzgitterKasselEmden
9/04103.28950.0756.61515.2227.04315.1329.202
10/0694.67946.0645.92313.8336.52214.2348.103
6/0790.32343.4875.72013.0266.36513.8107.915
*12.0805.6587931.5879041.5821.556

* Abbau von Produktions-Beschäftigten im Leistungslohn von 9.04 bis 6.07

Parallel dazu wurden neue Tochterfirmen bzw. von VW beherrschte Unternehmen aufgebaut:

Auto 5000Sitech SitztechnikAutostadtWolfsburg AGAutoVision und Dienstleistungen*
4.6003.3001.100900 befristet Beschäftigte6.800 befristet Beschäftigte
inkl. Tiguandavon 1.400 in Polen
60 unbefristet250 unbefristet

* „Dienstleistungen“ sind auch Fertigung und Logistik, die Beschäftigten der AutoVision verteilen sich auf 15 Standorte in Deutschland sowie Ungarn, Portugal und Belgien

3. Betriebsräte berichten über Produktivitätssteigerungen von 10% im Jahr 2006 und dass die Rendite von 10% erreicht wird. Gewerkschaft und Betriebsrat ist klar, dass Produktivitätssteigerungen nicht durch Absatzsteigerungen aufgefangen werden, sondern die Konkurrenz vorangetrieben wird, aber das Unternehmen sorgt diese Erkenntnis wenig; Personalvorstand Neumann erklärt: „Wir haben die glückliche Situation, dass sich der Betriebsrat um die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität Gedanken macht und das Management sich auch um die Sicherung der Jobs sorgt.“6 Schützenhilfe bekommt das Unternehmen von Michael Schumann (Uni Göttingen), der in einer Stellungnahme zu Hartz und den „hohen Löhnen“ bei VW erklärt: „Die Schwierigkeiten, von diesem hohen Plateau wieder abzusteigen – ein für Deutschland ja insgesamt immer wichtiger werdendes Problem – wurden bei VW weitgehend konfliktfrei bewältigt.“7 In der reichen „Volkswagenstadt“ Wolfsburg leben jetzt über 13.000 Menschen, davon viele Kinder, offiziell in Armut!

4. Es wird die Frage nach den Überkapazitäten gestellt, ein Problem der gesamten Branche, des Systems. Volkswagen baut die Kapazitäten in China, mit neuen Werken in Russland und Indien weiter auf. Es geht um Marktzugang und Marktanteilserhöhung, obwohl darin teure Irrtümer liegen, wie die überzogenen Kapazitäten in Brasilien zeigen. Gleichzeitig wird der Konkurrenzdruck zwischen den Konzernen und innerhalb der Konzerne in sozial, ökonomisch und ökologisch unerträglichem Maße vorangetrieben, Kapital in größtem Stil vernichtet. Es ist keine vertretbare Entwicklung, wenn z.B. China und Indien so motorisiert werden wie USA und Westeuropa, hier dagegen muss der Individualverkehr zugunsten des Öffentlichen Personenverkehrs drastisch reduziert werden.

5. Was – so wird gefragt – hat sich seit dem Rücktritt von Volkert, den Urteilen gegen Hartz und Uhl geändert? Angekündigt war rückhaltlose Aufklärung ohne Ansehen der Person sowie gläserne Kassen. Tatsächlich wurde bisher durch die Staatsanwaltschaft aufgeklärt. Nur der Druck massiver Verurteilung hat die Beschuldigten zu Aussagen bewogen – dann vor allem zum Schaden von IG Metall und Betriebsrat. Den Vogel hat Bernd Sudholt, der damalige Stellvertreter von Volkert, abgeschossen. Im Zusammenhang mit geheimen Bonuszahlungen bestätigte er die ihm zugegangene Sonderzahlung in Höhe von 170.000 € allein für das Jahr 2003 und erklärte, das Unternehmen habe ihn, als er 1991 zur Führungskraft ernannt wurde, gebeten, „weiterhin im Betriebsrat zu arbeiten“. Als Führungskraft habe er sich das wohl verdient. Nebenbei hat Sudholt offenbart, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende durch VW (Betriebsrat) als Geschäftsführer bei der IG Metall platziert werden sollte. Geheim blieben bisher die Vergütung der Betriebsratsmitglieder und das Budget des Betriebsrates. Vorstöße, Vergütung und Budget transparent zu machen, sind im Sande verlaufen. Dadurch hält das Misstrauen in der Belegschaft an, schließlich hat Volkert das undurchsichtige System vielfältig missbraucht. Es ist absurd, im Großbetrieb, in dem es transparente Einstufungen für alle Tätigkeiten gibt, in dem Bezüge der Vorstandsmitglieder öffentlich sind, die Einkommen der Betriebsratsmitglieder zu verheimlichen. Es hat sich bestätigt, dass der Schritt zur Korruption klein ist, dokumentiert durch die Verurteilung von Hartz nach § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes. Viele Beschäftigte haben ein ungutes Gefühl, wenn nach tiefen Einschnitten in Arbeitszeit und Vergütung das Unternehmen Gewinnrekorde vermeldet.

6. Während der Betriebsrat angesichts der Privatisierung des Unternehmens durch den Porsche/Piëch-Clan zunächst erklärte, ihm sei es „egal, wem das Unternehmen gehöre, Hauptsache es ist erfolgreich“ und den Einstieg von Porsche als Retter vor den Finanzinvestoren begrüßte, verbucht Porsche durch den Aktiengewinn bei Volkswagen 520 Mio. € Wertsteigerung und schüttet dafür einen um 1.400 € auf 5000 € erhöhten Bonus an die Porsche-Belegschaft aus. Porsche profitiert von Volkswagen als verlängerter Werkbank, wo Karossen im Lohnauftrag gebaut werden, sowie von vielfältigen FE-Leistungen. Nie haben Porsche und Piëch einen Hehl daraus gemacht, dass sie die Abschaffung des VW-Gesetzes betreiben. Mit dem Plan einer Holding-Gründung ist der Vorstand bei VW bereits einmal gescheitert. Nun sehen sie ihre Chance gekommen. Sie wollen das ganze Erbe von Ferdinand Porsche nebst sprudelnden Gewinnen antreten. Staatsbeteiligung und weltweite Mitbestimmung stören dabei. Zu hoffen, dass jemand aus dem Clan nicht nur an Profit interessiert ist, ist naiv. Die Alternative „Heuschrecke oder Porsche“ ist keine, die Alternativen zum Investor Porsche sind Verteidigung des VW-Gesetzes, die Ausweitung der Mitbestimmung, schließlich die Forderung nach Überführung von Volkswagen in gesellschaftliches Eigentum. Die Geschichte von Volkswagen gibt das Recht, dieses zu fordern und durchzusetzen. 1938 von Porsche im Auftrage der Nazis zur Kriegsvorbereitung gebaut, mit geraubtem Gewerkschaftsvermögen und mörderischer Sklavenarbeit bezahlt, nach dem Krieg „herrenlos“ und von den Briten „treuhänderisch“ der Regierung der BRD übergeben, wurde VW in zwei Schritten (1960 und 1980) weitgehend privatisiert. Um den betrieblichen und gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Privatisierung zu brechen, wurde das VW-Gesetz 1959 im Bundestag mit Zustimmung der SPD beschlossen. Darin ist geregelt, dass 60% des Kapitals als „Volksaktien“ an die Börse gehen, jeweils 20% blieben beim Bund und beim Land Niedersachsen. Es wurde die VW-Stiftung gegründet, in die die Dividenden von Land und Bund zur Förderung von Wissenschaft und Forschung fließen. Bei Aktionärsversammlungen gibt es eine Stimmrechtsbeschränkung von 20%, wesentliche Beschlüsse bedürfen im Aufsichtsrat einer 2/3-Mehrheit. Seit Mitte der 1980er Jahre betreibt die Bundesregierung die Abschaffung dieses Gesetzes.

Der Europäische Gerichtshof spricht nicht das letzte Wort!

Wenn es durch den EuGH ein Urteil gegen das VW-Gesetz gibt, ist weiterer Kampf möglich und nötig. Zunächst wird bzw. ist die Bundesregierung durch den EuGH aufgefordert, das Gesetz zu ändern bzw. zurück zu ziehen. Die Bundesregierung kann es auf einen Konflikt mit der EU ankommen lassen. Es kommt, wie immer wenn es um Machtfragen geht, auf den Druck an, den wir erzeugen. Die Belegschaften von Volkswagen und Porsche, die Gewerkschaften und sozialen Bewegungen können dieses skandalöse Vorgehen von Porsche, Bundesregierung und EU zur Delegetimation der EU-Administration nutzen, der Gewerkschaftstag der IG Metall kann eine Antwort geben auf diesen Anschlag, der gegen die gesamte Gewerkschaftsbewegung und die Errungenschaften der vorangegangenen Generationen gerichtet ist.

7. Im Zusammenhang mit der geplanten Holding-Gründung fragen auch Belegschaftsvertreter ausländischer Standorte nach der Verantwortung der IG Metall, nach der Rolle der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat, schließlich werden sie von den Entscheidungen besonders betroffen sein, ohne auch nur ein Wort mitreden zu dürfen. Der Porsche-Betriebsratschef gefällt sich in der Verteidigung des Vertragswerkes und führt einen lauten Streit mit dem VW-Betriebsrat. Weder Holding noch Gesellschaft nach Europäischem Recht (SE) sind notwendig zur Privatisierung von VW, bringen aber den entscheidenden Vorteil für die Eigentümer, dass Mitbestimmung, Betriebsverfassung und die internationalen Gremien der Interessenvertretung (EBR und WKBR) auf einen Schlag entfallen bzw. entmachtet werden. Wer daran Interesse hat, liegt auf der Hand – es geht nicht um irgend einen Proporz in irgend einem Aufsichtsrat, es geht um fundamentale Rechte und Interessen der Beschäftigten bei Volkswagen und Porsche; es geht um die Verteidigung des VW-Gesetzes, wodurch die Unternehmermacht wegen der besonderen historischen Entwicklung über einen längeren Zeitraum beschnitten ist. Von dieser eingeschränkten Unternehmermacht aus ließ es sich besser kämpfen für soziale Rechte, für den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und gegen Werksschließungen, die für Emden ebenso vorgesehen waren wie für Salzgitter, Braunschweig, Brüssel, Anchieta und Uitenhage. Die von Porsche betriebene Abschaffung des VW-Gesetzes und die Holding/SE-Konstruktion sind eine Kriegserklärung an die Beschäftigten bei VW und bei Porsche, an die Gewerkschaften, an alle, die dem neoliberalen Privatisierungswahn Einhalt gebieten wollen. Die aktuellen Angriffe auf die internationalen Aktivitäten der IG Metall in Wolfsburg8 sind Teil der Kampagne zur Einschränkung von Mitbestimmung und Gegenmacht.

8. Die aktuelle Aufgabe für Gewerkschaften und Linke ist es, über Betriebs- und Konzerngrenzen hinweg Konzepte zu erarbeiten, wie der Strukturwandel und die regionalen Veränderungen zwischen den Herstellerländern und Märkten sozial und ökologisch sinnvoll gestaltet werden können. Dazu gehört nicht nur ein Focus auf „Beschäftigungssicherung“, sondern auch auf die Qualität der Arbeit und Nützlichkeit der Produkte. Erforderlich ist eine Kritik des „weiter so“ der Automobilindustrie, die eine alternative Verkehrspolitik ebenso behindert wie ein Umsteuern bei Energienutzung und Klimaschonung. Die IG Metall war mit dem Programm „Auto, Umwelt und Verkehr – Umsteuern, bevor es zu spät ist“ aus dem Jahr 1990 viel weiter als heute. In dem Programm wurden u.a. ein integriertes Verkehrssystem, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und eine Vernetzung der Verkehrsträger gefordert. Dazu erläuterte der verantwortliche Herausgeber, Horst Neumann, „die gemeinsame Erkenntnis, dass es so nicht weitergeht. Der Automobilbestand wächst exponentiell, die Umwelt- und Verkehrsprobleme sind schon heute kaum noch in den Griff zu kriegen. Es muss umgesteuert werden. Das ist die erste große Herausforderung …“9. Damals war Neumann nicht Personalvorstand bei Volkswagen, sondern Gewerkschaftssekretär beim Vorstand der IG Metall.

Die programmatische Arbeit ist notwendig, um Perspektiven für die Beschäftigten und die Gesellschaft zu entwickeln und allemal besser als Arbeitszeitverlängerung. Durch solche programmatische Arbeit und praktische Politik und Aktion, die in die Gesellschaft strahlt und mit der Menschen für eine andere, besser (Arbeits-)Welt mobilisiert werden können, gewinnt die Gewerkschaft Vertrauen und Politikfähigkeit.

Veröffentlicht in der Zeitschrift SOZIALISMUS, November 2007

1 Stephan Krull war bis Mai 2006 Mitglied des Betriebsrates bei VW in Wolfsburg und der Tarifkommission der IG Metall für Volkswagen.

2 Das Verhandlungsergebnis siehe:

http://www.igmetall-nieder-sachsen-anhalt.de/home/news/2006/dokumente/20060930_mn_VW_6.pdf

3 metall-nachrichten für die Beschäftigten der Volkswagen AG, 12.9.2006

4 Inlandsbeschäftigung von 178.700 auf 168.900, Auslandsbeschäftigung von 166.200 auf 155.900, jeweils Jahresende.

5 FAZ, 30.6.2007

6 Wolfsburger Allgemeine Zeitung, 25.7.2007; Der Chef von VW Hannover erklärte zur Lenz-Nachfolge: „Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat weiterhin an der Wettbewerbsfähigkeit orientiert bleibt.“ (Hannoversche Allgemeine Zeitung, 23.7. 2007)

7 Frankfurter Rundschau, 25.1.2007

8 Spiegel vom 1.10.2007, „Schöner reisen mit der IG Metall“

9 Horst Neumann in „Lean Production“, Schriften der Hans-Böckler-Stiftung, Baden-Baden 1992

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