Audi-Chef Stadtler vor der Ablösung?
Wie verschiedene Medien in den ersten Juli-Tagen berichten, ist ein von den USA mit Haftbefehl ausgeschriebener Audi-Manager in Deutschland verhaftet worden. Sein Pech: Er ist italienischer Nationalität und vor Auslieferung aus Deutschland deshalb nicht gefeit. Die Münchner Staatsanwaltschaft hat – nach monatelangem Zögern – im Rahmen eigener Ermittlungen, verbunden mit Hausdurchsuchungen und der Beschlagnahme diverser Unterlagen bei Audi, einen Haftbefehl erlassen und vollstreckt. Giovanni P., bis zu seiner Beurlaubung, wie das Handelsblatt berichtet, „einer der führenden Motorenentwickler“ bei Audi, werden Betrug und unlauterer Wettbewerb vorgeworfen. Wie bei allen anderen Ermittlungen, die in Deutschland im Zusammenhang mit dem Abgasbetrug eingeleitet wurden, wird auf den Vorwurf der Umweltschädigung bzw. der Gesundheitsschädigung der Menschen verzichtet. Die US-Behörden werfen ihm Verschwörung und Verstöße gegen US-Umweltrecht vor.
Giovanni P. ließ über seinen Rechtsanwalt Walter Lechner mitteilen, dass er mit der Staatsanwaltschaft kooperieren will, „um seinen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts zu leisten.“
Dem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge hat die Staatsanwaltschaft Erkenntnisse, dass er dazu beigetragen hat, die amerikanischen Umweltbehörden jahrelang mit manipulierten Schadstoffwerten über den wahren Abgasausstoß von Diesel-Fahrzeugen zu täuschen.
Wohl nicht ganz zu Unrecht sieht Giovanni P. sich als „Bauernopfer“, schließlich wird auch gegen die Vorstände von VW und Audi ermittelt, selbst Piëch hat Winterkorn schwer belastet, gegen Pötsch, Stadtler und Diess laufen Ermittlungen. Sein Anwalt sieht die Verantwortung folgerichtig nicht bei seinem Mandanten. „Fest steht jedenfalls, dass mein Mandant nicht die unternehmenspolitische Entscheidung hierfür treffen konnte und auch nicht getroffen hat.“
Betriebsrat kritisiert fehlende Strategie
Bei einer Betriebsversammlung am Mittwoch, 12.7.2017 warf der Betriebsrat dem Management eine fehlende Produktstrategie und fehlende „zielsichere Entscheidungen“ vor. Beobachtern zufolge sagte Betriebsratsvorsitzender Mosch, „Gerade jetzt müssten Entscheidungen getroffen werden, um die Standorte Ingolstadt und Neckarsulm mit zusammen 60.000 Beschäftigten auf die Elektromobilität vorzubereiten.“ Bisher werden zwei Elektromodelle von Audi nur in Brüssel gebaut. Zudem forderte Mosch Zusagen für neue Produkte, damit die Werke ausgelastet blieben. Neben dieser Kritik an Produktionsvorstand Hubert Waltl wurde von Audi-Chef Rupert Stadtler gefordert, „die Kommunikation mit der Belegschaft zu verbessern.“ Gerade in diesen Zeiten sei eine Kultur des Vertrauens unverzichtbar.
Die Belegschaft ist ängstlich bis unsicher, auch wegen der Drohungen des Vorstandes bei der Betriebsversammlung: „Es wird ein knochenharter Job, der uns in den nächsten Jahren noch einige Schweißperlen auf die Stirn treiben wird.“ Angekündigt wurde eine Modelloffensive „in den oberen Segmenten“. Diese Offensive – natürlich in schärfster Konkurrenz zu allen anderen Anbietern – werde sich „positiv auf alle Standorte“ auswirken. Der Donaukurier (13.7.2017) berichtet aus Gesprächen nach der Betriebsversammlung: Es herrsche bei Audi jedes Mal Pessimismus, sobald eine andere Marke vorne liege, sagte ein Beschäftigter. Aber der Abgas-Skandal und der Umgang der Konzernspitze damit trügen dazu bei, dass viele gerade richtig verunsichert seien. „Der Unmut in Sachen Vorstandsvorsitzender wird immer größer.“ Er und einige seiner Kollegen hätten sich gewundert, dass ausgerechnet in so einer Phase der Vertrag mit Rupert Stadler verlängert worden ist. Der Tenor: „Er hätte längst zurücktreten müssen.“