RLS Gesprächskreis Zukunft Auto Umwelt Mobilität besucht Schienenfahrzeughersteller Alstom, diskutiert über die Transformation der globalen Autoindustrie und Transformationsnetzwerke.
Gespräch mit dem Betriebsrat, der Jugendvertretung und der Geschäftsführung: 800 Arbeiterinnen und Arbeiter bauen 120 bis 180 Züge, 1.000 Drehgestelle und reparieren 3.500 Wagen pro Jahr, hinzu kommen 1.200 Angestellte, darunter 300 Ingenieure für Produktentwicklung.
Gleichzeitig und in der gleichen Region Süd-Ost-Niedersachsen verkündet Volkswagen einen Einstellstopp und den Abbau von tausenden Arbeitsplätzen.
Ein intensives Treffen des Gesprächskreises der Rosa-Luxemburg-Stiftung Zukunft Auto Umwelt Mobilität am 10./11.11.2023 wurde eingeleitet mit dem Besuch bei Alstom in Salzgitter, der Betriebsratsvorsitzende Baki Erkoc hat uns empfangen, durch das Werk geführt und einen interessanten Austausch ermöglicht. Auffällig dabei, dass trotz eines großen Bedarfs an Schienenfahrzeugen für die Verkehrswende kein Beschäftigungsaufbau erfolgt – geschuldet der Tatsache, dass durch die Auftraggeber immer die „billigsten“ Fahrzeuge bestellt werden. Und die kommen oft aus anderen Ländern, aus Spanien, Tschechien oder aus China. Würde es einen local content geben, würden alle ökologischen Belastungen aus Produktion, Transport und Logistik in die Kalkulation einbezogen, dann könnten auch hier mehr Schienenfahrzeuge produziert werden – so der Geschäftsführer von Alstom. Tatsächlich wird in Salzgitter viel entwickelt, z.B. der Wasserstoffzug, produziert wird aber an anderen Standorten.
Am Abend ein vollbesetztes Plenum im Braunschweiger Gewerkschaftshaus, ein Vortrag von Dr. Johannes Schulten zur Transformation der globalen Autoindustrie und eine rege Diskussion dazu.
Sichtbar wurden die Veränderungen durch Dekarbonisierung und Digitalisierung sowie durch neue Hersteller aus China und die Bedeutung von Software. Die Autoindustrie in Deutschland hingegen orientiert weiterhin auf große, teure und schwere Fahrzeuge, um die Profite kurzfristig zu erhöhen. Auch aus dieser Luxusstrategie ergibt sich die Notwendigkeit, den öffentlichen Verkehr massiv auszubauen. Die Mobilitätsdienstleistungen, die von den Autokonzernen entwickelt werden (MOIA & Co.), können als öffentliche Mobilität in den ÖPNV integriert werden, diesen insbesondere in ländlichen Regionen ergänzen. Wie bisher ist dieser öffentliche Personenverkehr nicht profitabel, sondern muss als Teil der Daseinsvorsorge und als Teil der Bewältigung der Klimakatastrophe gemeinnützig sein und öffentlich finanziert werden.
Thema am zweiten Beratungstag waren u.a. die Rolle von Transformationsnetzwerken und Transformationsräten, zu denen Klaus Mertens und ich selbst Beispiele aus Bayern und Niedersachsen beitragen konnten. Die Transformationsnetzwerke, initiiert aus der „Konzertierten Aktion Mobilität“ der Bundesregierung, sind, so meine Einschätzung, die staatliche Antwort auf die Forderung nach Transformationsräten bzw. nach regionalen Wirtschafts- und Sozialräten. Mit dem Ausschluss von Umwelt-, Klima- und Verkerhrsinitiativen aus den Transformationsnetzwerken geht eine Überforderung der allein vertretenen Gewerkschaft IG Metall einher. Sie werden folglich dominiert von Unternehmen der Auto- und Zulieferindustrie sowie autoaffinen wissenschaftlichen Einrichtungen. Auffällig daran, dass Schienenfahrzeughersteller oder die Fahrradindustrie ebenso wenig beteiligt sind wie die Gewerkschaften Verdi und EVG, die die Beschäftigten im öffentlichen Verkehr vertreten.
Die Planung für die weitere Arbeit des Gesprächskreises im kommenden Jahr ergab zwei konkrete Projekte:
Einen Ratschlag voraussichtlich im April zur Verkehrswende mit Schwerpunkt auf Autoindustrie und die Beschäftigungskrise dort. Ziel dieses Ratschlags ist die Erarbeitung einer linken Strategie und einer Vernetzung der Akteur*innen aus den Autoclustern.
Zur Vergesellschaftungskonferenz (15.-17.3. in Joachimsthal) werden wir einen Beitrag zur Zukunft der Mobilität leisten.
Bei weiteren Treffen des Gesprächskreises werden wir uns mit Aspekten des „autonomen Fahrens“, mit der politisch-ökonomischen Bedeutung der Autoindustrie sowie europäischen Konzepten von just transition, vor allem mit Beispielen aus Italien, Frankreich und Spanien beschäftigen.
In den jeweils nächsten Ausgaben der Zeitschriften SOZIALISMUS und EXPRESS wird es Berichte über Verlauf und Ergebnisse des Gewerkschaftstages der IG Metall geben.