„Jeder Porsche hat eine Seele“, der VW-Boss fordert deshalb: „Freiheit statt Tempolimit“. Er will Autos mit Verbrennermotoren auch nach 2035 bauen und in der EU verkaufen, denn „er glaubt an die Sinnhaftigkeit synthetischer Kraftstoffe.“ Er lässt Passagierdrohnen entwickeln: „Stellen Sie sich vor, Sie steigen einfach auf ihrem Bürodach in die Drohne und fliegen über alle Staus hinweg zum nächsten Termin, zum Flughafen, nach Hause … da dürfte es jedem Innovationsfan doch in den Fingern kribbeln!“ Eine Blutgrätsche gegen Klimagerechtigkeit.
Angesichts tiefgreifender ökonomischer und politischer Krisen, angesichts teuren Öls und knapper elektrischer Energie muten solche Aussagen wie die von Wahnsinnigen an. Blume spricht über die Freiheit der Reichen, tun und lassen zu können, was ihnen mit ihrem geerbten oder zusammengeklaubtem Reichtum beliebt – ohne Rücksicht auf die Mehrheit der Menschen, ohne Rücksicht gegenüber schrumpfenden Ressourcen, ohne Rücksicht gegenüber dem erreichten Limit von Natur und Klima. Deren Freiheit ist purer Egoismus.
Blume „glaubt“ an die „Sinnhaftigkeit synthetischer Kraftstoffe“? Glauben heißt, nicht wissen wollen. Nicht wissen wollen ist eine Lüge. In Wirklichkeit geht es Blume und seinen Managerkollegen schlicht darum, auch nach 2035 Autos mit fossilen Brennstoffen bauen und massenhaft vertreiben zu können.
Von cc-by-sa Heinrich-böll-Stiftung, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=127342770
Bei synthetischen Treibstoffen (E-Fuels) wird sehr energieintensiv per Elektrolyse Wasserstoff aus Wasser gewonnen und mit Kohlenstoff verbunden. Beim Fahren setzt der Motor Kohlendioxid frei, das vorher bestenfalls aus der Atmosphäre gezogen wurde. Zur Erzeugung von synthetischem Treibstoff sind große Mengen elektrischen Stroms erforderlich. Angesichts der Energieknappheit geht das nur zu Lasten anderer Energieverwendung bzw. führt zu einer drastischen Verteuerung von Energie. Insoweit sind E-Fuels höchst unsozial: Die Reichen können sich das leisten, für den großen Teil der ärmeren Bevölkerung verteuert sich die Energie, wird in vielen Ländern unbezahlbar. Die Fortführung von Verbrennermotoren wäre ein eklatanter Verstoß gegen das Pariser Klimaabkommen. Die Produktion von E-Fuels wäre ein weiterer Schritt im Klassenkampf der Reichen gegen die Armen.
Die Strategie von Blume & Co.: So lange wie irgend möglich soll es beim privat finanzierten und genutztem Auto bleiben. Bis 2030, so das hochsubventionierte Ziel von Bundesregierung und Autoindustrie, sollen 15 Millionen E-Autos in Deutschland zugelassen werden. Während „wir alle“ zum Sparen von Energie genötigt werden, benötigen 15 Millionen E-Autos etwa 40 Terrwattstunden (TWh) elektrische Energie, viermal so viel, wie in der Stadt Hamburg jährlich durch Haushalte und Industrie verbraucht werden, fast 10 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland pro Jahr. Diese nur auf Wachstum orientierte Strategie verschärft die globalen Verteilungskonflikte um Rohstoffe und Energie; die Strategie wird scheitern, weil die erforderliche Strommenge nicht zur Verfügung steht, schon gar nicht erneuerbare Energie – auch nicht neokolonial gewonnener Wasserstoff aus Namibia. Im Tsau-Khaeb-Nationalpark sollen mehr als 9 Milliarden Dollar investiert werden, um dort mit Solar- und Windkraftanlagen auf einer Fläche größer als das Saarland jährlich 300.000 Tonnen Wasserstoff oder Ammoniak für den globalen Markt zu erzeugen. Schließlich soll noch ein Tiefseehafen für den Abtransport gebaut werden. Beteiligt ist unter anderem die deutsche Enertag AG mit ihrer südafrikansichen Tochter.