Das deutsche Autokartell: Maximalprofite und Knast liegen dicht beieinander

„Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr kleinen Profit, wie die Natur vor der Leere.“

Weiter geht das Zitat von P.J. Dunning (1860), das Karl Marx in einer Fußnote im „Kapital“ bekannt machte: „Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv und waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.“

Ich wollte nicht unbedingt recht behalten, aber es bewahrheitet sich jeden Tag: Die verzweifelten Anstrengungen der Manager, wieder »gestärkt« aus der Krise herauszugehen, gipfeln in Betrugsmanövern gegenüber den Kunden, in der Bildung illegaler Kartelle, in der Forderung nach absurden Produktivitätssteigerungen, nach Lohnsenkung und Arbeitszeitverlängerung an die Beschäftigten, in zeitweiligen Kooperationen, in der Suche nach neuen Geschäftsfeldern und neuen Märkten, die allesamt die tatsächlich mörderische Konkurrenz, den erbitterten Kampf um Marktanteilsgewinne nur schwach kaschieren.

Herbert Diess, der neue Boss des VW-Konzerns, fordert jetzt höhere Profite von bis zu 15 Prozent Umsatzrendite (laut „Manager Magazin“ vom 19. Junli 2018). In Zahlen ausgedrückt: Bei einem Umsatz von 230 Milliarden Euro erzielte das Unternehmen im Jahr 2017 einen Gewinn von 11 Milliarden Euro (ca. 5 Prozent). Das möchte der Boss jetzt mehr als verdreifachen auf 15 Prozent bzw. über 30 Milliarden Euro. Nur zur Erinnerung: Gewinn ist das, was übrig bleibt, wenn alle Kosten bezahlt sind – einschließlich der Investitionen. Gewinn ist das, was an die Eigentümer abgeführt wird oder als Rücklage im Unternehmen verbleibt. Hauptaktionäre des VW-Konzerns sind der Porsche-Piëch-Clan mit etwas über 50 Prozent und die Scheichs des Terrorstaates Katar mit etwa 20 Prozent; bei BMW sind das die Erben des Nazifreundes und Kriegs- und Arisierungsgewinnlers Quandt, bei Daimler sind es neben den Scheichs von Katar nicht näher genannte „Institutionelle Investoren“. Im Bericht des Manager-Magazins heißt es u.a.:  „Porsche etwa habe intern gewarnt, angesichts der hohen Investitionen in die Elektromobilität sei die Zielrendite von 15 Prozent in Jahren wie 2020 und 2021 womöglich nicht zu halten. Diess akzeptiere das nicht.“

Wie kann bzw. wie soll dieser Profit also realisiert werden? Offensichtlich weiterhin mit kriminellen Methoden. Das aber fürchten seit der Verhaftung von Audi-Boss Stadtler die anderen Manager der Autoindustrie.

Kartellabsprachen und Betrug auch bei Benzinmotoren?

Die Absprachen des Autokartells seien weitreichender als bisher bekannt, berichtet der Spiegel gestern, am 20. Juli 2018. Nach dessen Informationen sollen sich Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW auch bei Benzinern im geheimen Kreis abgestimmt haben: „Manager der großen deutschen Autohersteller haben nicht nur bei Dieselfahrzeugen versucht, eine wirksame Abgasreinigung zu verhindern, und sich darüber abgesprochen. Nach neuen Informationen, die aus weiteren Untersuchungen der EU-Wettbewerbskommission zum sogenannten 5er-Kreis (Daimler, Volkswagen, BMW, Audi und Porsche) hervorgehen, gab es offenbar auch gemeinsame und erfolgreiche Verabredungen, den Einsatz von Partikelfiltern in Benzinmotoren zu vermeiden und schärfere Abgasgrenzwerte zu bekämpfen.Munter zitiert der Spiegel aus den Unterlagen: Die Antriebsleiter der Unternehmen sollen nach Protokollen ihrer Arbeitskreise bereits im Jahr 2009 entschieden haben: „Der Einsatz eines Partikelfilters soll beim Ottomotor unbedingt vermieden werden.“ Und weiter: „Die Antriebsleiter unterstützen eine gemeinsame Vorgehensweise.“ Bei der Sitzung der hierarchisch übergeordneten Entwicklungsleiter im Juni 2009 bekräftigen auch die ein solches Vorgehen: „Das Ziel einer Vermeidung einer kostenintensiven Maßnahme wie Partikelfilter wird seitens der E-Leiter bestätigt.“ Außerdem beschlossen sie, ein „politisches Lobbying in Brüssel“ zu beauftragen, um schärfere Grenzwerte für den Ausstoß von Partikeln bei Ottomotoren möglichst lange zu verzögern. Mit ihren Absprachen haben die Hersteller möglicherweise gegen Wettbewerbsrecht verstoßen. Das prüft die Kommission nach SPIEGEL-Informationen. Zudem könnte der Einsatz von wirksamen Filtersystemen dadurch um Jahre verzögert worden sein. Das alles spielt sich unterhalb der Vorstandsebenen ab, um die legal nicht zu erreichenden Rendite-Vorgaben der Vorstände und der Eigentümer zu erfüllen.

Eine wahrlich feine Gesellschaft

Die Zeit der Ungewissheit für die Beschäftigten dauert derweil an. Beendigung der Arbeitsverhältnisse von Leiharbeitsbeschäftigten, Abbau von zehntausenden Arbeitsplätzen und ab dem dritten Quartal Kurzarbeit ohne Ende. Derweil zahlt der VW-Konzern (Audi) Millionen Euro Schweigegelder an Manager (laut Handelsblatt) und der Audi-Boss sitzt wegen Verdunklungsgefahr weiterhin in Untersuchungshaft. Die Hintergründe zu Rupert Stadlers U-Haft hellen sich auf, berichtet der Merkur aus Ingolstadt: Er soll erwogen haben, einen internen Audi-Aufklärer zu beurlauben. Der hatte zuvor gegenüber Ermittlern geplaudert.  Nach einem Hinweis des Aufsichtsratsvorsitzenden Pötsch an Stadler über sehr gezielte Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft bei Porsche soll Stadler am abgeörten Telefon erwogen haben, den Informanten der Polizei zu ermitteln und zu beurlauben. Das gab eine mit den Vorgängen vertraute Person zu verstehen. „Ein solches Verhalten rechtfertigt U-Haft“, stellte sie klar. Was die Sache besonders pikant macht, ist der Umstand, dass der betroffene Audianer einer Audi-Sondereinheit angehört haben soll, die für die interne Aufklärung der Abgasschummeleien zuständig ist. Eine feine Gesellschaft.

Wann wird der kriminellen Vereinigung der Manager des Autokartells (des 5er-Kreises) die Erlaubnis zur Betriebsführung entzogen? Alle wissen Bescheid, alle sind an millionenfachen Betrügereien beteiligt, alle sind an der Vertuschung und Verdunklung beteiligt, alle profitieren davon: Piëch, Pötsch, Diess, selbstverständlich Stadler, Zetsche, Krüger sowie viele weitere Manager in den Konzernvorständen, in den Markenvorständen und Konzernjuristen, wie den jüngsten Veröffentlichungen zu entnehmen ist. Die Auto-Konzern sind nach Art. 14/15 Grundgesetz zu vergesellschaften und unter öffentliche Kontrolle zu stellen, die Aufsichtsräte sind mit Vertreterinnen und Vertretern der Beschäftigten, der Gewerkschaft sowie von Umwelt-, Verkehrs- und Verbrauchverbänden zu besetzen. Die Produktionsprogramme und die Produkte sind auf eine sozial-ökologische Transformation und eine Mobilitäts- und Verkehrswende zu orientieren.

 

http://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/volkswagen-herbert-diess-setzt-audi-vw-und-porsche-neue-gewinn-ziele-a-1219190.html

https://www.gifhorner-rundschau.de/wirtschaft/article214895875/Autokartell-Absprachen-auch-bei-Benzinern.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/audi-bmw-daimler-porsche-vw-sprachen-sich-auch-bei-benzin-motoren-ab-a-1219382.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/volkswagen-audi-porsche-bmw-und-daimler-unter-kartellverdacht-a-1159052.html

https://www.merkur.de/wirtschaft/stadler-und-verdunklungsgefahr-9970370.html

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