Stagnation, Krisenspirale und Wege aus der Autogesellschaft

Flaute auf dem Binennmarkt, Lohnraub und gefährdete Arbeitsplätze

Das Elend nimmt kein Ende. Nach Dieselgate kann VW jetzt auch keine Elektroautos liefern?
Zunächst hieß es im Online-Portal der Wolfsburger Zeitung: „Volkswagen kann keine Elektroautos mehr liefern“. Das war wohl etwas zu harter Tobak, also wurde der Artikel überarbeitet: „Elektroautos – VW-Kunden brauchen Geduld[1]“. Wegen des neuen Abgastestes können eine ganze Reihe Benziner, Diesel und Hybrid-Fahrzeuge nach dem 1.9.2018 nicht mehr zugelassen werden. Und Elektro-Autos können ebenfalls nicht geliefert werden: Entweder, es sind zu wenig Kapazitäten vorhanden oder es gibt keine Zulassung wegen des darin enthaltenen krebserregenden Cadmiums – und das alles betrifft keineswegs nur Volkswagen. Ein möglicherweise defektes Abgasrückführungsmodul (!) zwingt BMW zum Rückruf von 323.700 Fahrzeugen in Europa. Ähnliches ist von Ford gemeldet (mehrere Rückrufaktionen in den letzten zwölf Monaten). Opel drosselt die Produktion und Volkswagen meldet Kurzarbeit aus Wolfsburg, Emden und Zwickau. Stagnation, Krisenspirale und Wege aus der Autogesellschaft weiterlesen

Volkswagen: Gute Bilanz – schlechte Zeiten?

Elektroautos mit Cadmium ausgeliefert: Rückruf

Die Großaktionäre von Volkswagen wirds freuen: der Umsatz ist im ersten Halbjahr 2018 auf fast 120 Milliarden Euro, der „Überschuss“ auf 9 Mrd. Euro gestiegen. Auch wenn gut 2 Mrd. davon an Steuern abzuführen sind, bleiben am Jahresende wohl 13 Mrd. Euro Profit, der an den Porsche-Piëch-Clan und die Scheichs von Katar abzuführen ist. 5,5 Millionen Fahrzeuge der Konzernmarken wurden gebaut und in den Handel gebracht. Eine äußerlich glänzende Bilanz, die Herbert Diess, Konzernchef seit April dieses Jahres, vorlegt. Volkswagen: Gute Bilanz – schlechte Zeiten? weiterlesen

Die Krise der Autoindustrie, Voraussetzungen und Chancen einer Verkehrswende

  1. Die Misere
  2. Landnahme und Neokolonialismus
  3. Alternativen

Die Misere

Was ist los bei Daimler –  fragen so- und selbsternannte Autoexperten. „Um 30 Prozent ist der Vorsteuergewinn im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen. In allen fünf Sparten erodiert der Betriebsgewinn. In der Zentrale in Stuttgart erklärt man die schlechte Performance mit Einmalbelastungen und externen Faktoren wie dem Handelsstreit zwischen den USA und China. … nach dem Kurseinbruch von rund 20 Prozent seit Jahresanfang warten die Aktionäre auf positive Nachrichten. Die gestern verkündete künftige Holding-Struktur allein ist es nicht“ – so das Handelsblatt am 27. Juni des Jahres. Um die konkreten Zahlen, wohlgemerkt für ein Quartal, zu nennen: Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern ist gegenüber dem Vorjahresquartal um 30 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro gesunken, teilte der Stuttgarter Autobauer mit. Der Umsatz schrumpfte um ein Prozent auf 40,8 Milliarden Euro. Nur 2,6 Mrd. Euro Vorsteuergewinn, und „die Aktionäre warten auf positive Nachrichten“. Was für ein krankes System! Die Krise der Autoindustrie, Voraussetzungen und Chancen einer Verkehrswende weiterlesen

Personalrochade im Autokartell

Kein Neustart im Dieselskandal: Ebenfalls belasteter BMW-Einkaufsvorstand soll in U-Haft sitzenden Audi-Chef ersetzen – „junge welt“ vom 26.7.2018

Bereits seit dem 18. Juni, seit mehr als vier Wochen also, sitzt der Audi-Boss Rupert Stadler in Untersuchungshaft – höchste Zeit, für den Posten des Vorstandsvorsitzenden die Nachfolge zu regeln, um den Betrieb so gut als möglich am Laufen zu halten. Vorgeworfen werden Stadler Betrug und Falschbeurkundung. Vor allem besteht aber aus Sicht der Justiz Verdunklungsgefahr, weil er einen Informanten der Staatsanwaltschaft identifizieren und dann »beurlauben« wollte. Die Jagd nach Maximalprofiten und der Knast können eben dicht beieinanderliegen, wenn man erst mal in die Mühlen der Justiz geraten ist. Personalrochade im Autokartell weiterlesen

Fahrerflucht: Geschichten aus der deutschen und südafrikanischen Provinz

Ausnahmsweise heute iher „nur“ ein Bericht aus dem Spiegel vom 18. März diesen Jahres. Als Vorbemerkung nur soviel: Müller ist nun noch weder Vorstand von Porsche noch der von Volkswagen und der zitierte Wolfgang Hatz ist längst bei Porsche rausgeflogen, seine Untersuchungshaft wurde nur gegen eine Kaution von drei Millionen Euro und ein Kontaktverbot mit anderen Verfahrensbeteiligten in den Ermittlungen wegen des Abgasbetruges außer Vollzug gesetzt:

VW-Chef Müller soll bei Fahrerflucht Beifahrer gewesen sein

Ein früherer Porsche-Top-Manager soll 2013 in Südafrika einen Unfall mit Verletzten verursacht und Fahrerflucht begangen haben. Laut „Bild am Sonntag“ war der heutige VW-Konzernchef Matthias Müller sein Beifahrer. Fahrerflucht: Geschichten aus der deutschen und südafrikanischen Provinz weiterlesen

Das deutsche Autokartell: Maximalprofite und Knast liegen dicht beieinander

„Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr kleinen Profit, wie die Natur vor der Leere.“

Weiter geht das Zitat von P.J. Dunning (1860), das Karl Marx in einer Fußnote im „Kapital“ bekannt machte: „Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv und waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.“

Ich wollte nicht unbedingt recht behalten, aber es bewahrheitet sich jeden Tag: Das deutsche Autokartell: Maximalprofite und Knast liegen dicht beieinander weiterlesen

Maximalprofite oder Mobilitätsbedürfnisse?

Die Autobranche steht vor einem gravierenden Wandel. Welche alternativen Lösungen möglich sind, entscheidet sich heute!

Die Autoindustrie als Schlüsselindustrie der Bundesrepublik hat schon einige Krisen überstanden, die Kollateralschäden sind beträchtlich: Fabriken sind verschwunden, Städte sind verwaist, Fusionen, Betriebsschließungen und Massenentlassungen wiederholen sich etwa alle zehn Jahre. In den übrig gebliebenen Produktionsstätten wurde rationalisiert und optimiert, zeitweilige Unternehmenspartnerschaften und Überkreuzbeteiligungen wurden geschlossen, neue Märkte »erobert«, Full-Flex-Fabriken gebaut.
Damit das Geschäft für die verbliebenen Konzerne besser als zuvor floriert, werden Bedürfnisse künstlich geschaffen: Maximalprofite oder Mobilitätsbedürfnisse? weiterlesen

Verunsicherte Autoindustrie – Ängste in den Belegschaften

Mehrarbeit und Kurzarbeit lösen sich ab

Dass die Autoindustrie sich in einer schweren und vielfältigen Krise befindet, ist offensichtlich. Nicht nur, dass die Finanzkrise fortdauert; vor allem hat sich das Geschäftsmodell, dass über mehr als 100 Jahre funktioniert hat, überlebt: Schon immer war das Auto in Form einer Tonne Stahl, viel Mechanik und noch mehr Elektronik auf vier Gummirädern zwecks Transportes von ein bis zwei Personen an einer Stunde des Tages ein sichtbares Dementi jeglicher Zweckrationalität des menschlichen Verstandes. Nun kommen irreparable Umweltzerstörung und das Ende der Ressourcen für Bau und Betrieb notwendiger Rohstoffen hinzu.   Verunsicherte Autoindustrie – Ängste in den Belegschaften weiterlesen

„Gewinnwarnung“ und Kooperation: Das Ende der Auto-Hochkonjunktur

Zölle, Rückrufe, Dieselgate: Erstmals seit 2012 muss Daimler eine sogenannte „Gewinnwarnung“ ausgeben – was für ein blödsinniges Wort. Volkswagen verhandelt eine Kooperation mit Ford, um, wie die Deutsche Welle berichtet, „Wettbewerbsfähigkeit beider Unternehmen zu stärken“. Die Aktienkurse der deutschen Autoindustrie befinden sich im Sinkflug. „Gewinnwarnung“ und Kooperation: Das Ende der Auto-Hochkonjunktur weiterlesen

Lehrjahre sind keine Herrenjahre? Hannoversche Arbeiterjugend in der Revolte 1967/68

Walter Buschmann’s „Ente“ von 1968 mit Grafitti, was es damals eigentlich noch gar nicht gab „gegen Ausbeutung – für Mitbestimmung“ (Foto Walter Buschmann).

Für den Band „Ansichten der Revolte“ schrieben Walter Buschmann und ich  einen Beitrag zur Rolle der Arbeiterjugend. Herausragend dabei war die Jugend der IG Druck und Papier (aufgegangen in verdi), in der wir beide aktive waren. Die Herausgeber Gerd Weiberg und Wolf-Dieter Mechler erinnerten sich völlig richtig, dass „1968“ eben nicht nur eine Studi-Revolte war, sondern dass die Arbeiterjugend ebenfalls in Aufruhr war. Nun bekamen wir die Gelegenheit (Dank an die beiden Herausgeber), diese Entwicklung in dem Band zu beschreiben. Für mich war der Prozess der Erarbeitung des Aufsatzes ein sehr schönes Erlebnis, habe ich doch nach fast 50 Jahren Gefährten aus dieser Zeit wieder getroffen. Walter Buschmann selbst, in dessen Ente vorne wenig Platz war, weil vom riesigen tragbares Tonband ständig die Stones zu hören waren. Walter wurde über den zweiten Bildungsweg (Hannover-Kolleg und Studium) schließlich habilitierter Architekturhistoriker.

In unserem Beitrag kommen weitere Aktive aus der „Graphischen Jugend“ zu Wort wie Hannes Philipp, der nach vielen Jahren in der praktischen Entwicklungszusammenarbeit Geschäftsführer des Verbandes Entwicklungspolitik in Niedersachsen wurde. Ilsetraut Popke, Detlev Drews und Wilfried Klaproth steuern weitere Geschichten und Notizen zu dem Text bei.

So ist der Aufruhr nicht ein „Ereignis“, das 1969 beendet war. Der Aufruhr zieht sich durch die Biografien und das politische und gesellschaftliche agieren der Beteiligten mit Wirkungen auf die folgenden Generationen an Universitäten, in sozialen und politischen Bewegungen, in Betrieben und Gewerkschaften, „1968“ war folgenreich, wie dem Band und unserem Text darin zu entnehmen ist: Viel Spaß beim lesen!

Jugend in den 1960er Jahren

Die Revolte des Jahres 1968 ging nicht nur von den Studentinnen und Studenten in den Hochschulen und Universitäten aus – in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre sind auch junge Arbeiterinnen und Arbeiter gegen die Verhältnisse aufgestanden, haben sich gegen die Enge und Geschichtslosigkeit im Elternhaus, gegen die gesellschaftliche und politische Situation und autoritäre, ausbeuterische Ausbildungsverhältnisse und die „Lehrherren“ gewehrt. Das Jahr 1968 gehört auch der Arbeiterjugend, die Revolte dieses Jahres hat auch unser Lebensgefühl und unsere Lebensbedingungen verändert. Lehrjahre sind keine Herrenjahre? Hannoversche Arbeiterjugend in der Revolte 1967/68 weiterlesen