Es wird eng für Winterkorn

Zeuge im Abgasbetrugsverfahren belastet ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Winterkorn und gegenwärtigen Vorstandsvorsitzenden Diess schwer

Worauf Indizien lange hindeuten und was VW in den USA längst zugeben musste, ist jetzt bei der Braunschweiger Staatsanwaltschaft bezeugt worden: Die oberste Führungsriege des VW-Konzerns wusste weit früher als zugegeben von dem millionenfachen Abgasbetrug. Es wird herauskommen, dass sie diesen Betrug viele Jahre mindestens stillschweigend geduldet – jeden Falls nicht gestoppt und verhindert haben. Zu dieser Riege gehören der damalige Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn, der zwischenzeitliche Vorstandsvorsitzende Matthias Müller, der gegenwärtige Vorstandsvorsitzende Herbert Diess sowie der damalige Finanzvorstand und heutige Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch.

Im Herbst 2015 hatten die Verantwortlichen bei VW noch rückhaltlose Aufklärung angekündigt. Tatsächlich wurde vertuscht und verschleiert, bis es auch den deutschen Ermittlungsbehörden zu bunt wurde: Wegen des Verdachtes auf Betrug und Verdunklungsgefahr sitzt Rupert Stadler, Vorstandsmitglied des VW-Konzerns und Audi-Boss, nach einer durch das Landgericht München verworfenen Haftbeschwerde weiterhin in Untersuchungshaft. Das droht nun nicht nur Winterkorn, sondern auch dem seit knapp fünf Monaten amtierenden Vorstandschef Herbert Diess. Seine Glaubwürdigkeit und Integrität tendiert nahe null gleich der des Aufsichtsratsvorsitzenden Pötsch.

Die „Süddeutsche Zeitung“ (26.8.2018) schreibt: „Gottweis warnte, mit einer Klageschrift der Justiz in Übersee sei kurzfristig zu rechnen. Bei den Behörden dort habe VW „jegliche Glaubwürdigkeit“ verloren. Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig gab er zu Protokoll, den „One-Pager“ habe er am 14. September 2015 gegen 8 Uhr im Büro Winterkorn abgegeben. Der damalige Konzernchef habe ihn noch am selben Tag angerufen und gesagt, dass er das verstanden habe und wen er bei VW deshalb jetzt rausschmeißen solle.“

Über den Zeugen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft, Bernd Gottweis, schreibt die Anklage in den USA im Januar 2017: „Von etwa 2007 bis etwa Oktober 2014 war der Beklagte Bernd Gottweis als Vorgesetzter verantwortlich für die Abteilung Qualitätsmanagement und Produktsicherheit der VW AG, die dem Leiter des Qualitätsmanagements berichtete. Bevor er in dieser Funktion tätig war, bekleidete Gottweis verschiedene Positionen innerhalb der VW AG.” (https://www.justice.gov/opa/press-release/file/924401/download)

In den USA hat Volkswagen am 11. Januar 2017 ein vollumfängliches Geständnis unterzeichnet und Betrug, Verschwörung und Behinderung der Justiz eingestanden: „Die folgende Sachverhaltsdarstellung wird durch Verweis als Teil der Vergleichsvereinbarung im Strafverfahren  zwischen dem US-Justizministerium und der Volkswagen AG eingebunden. Die VW AG bestätigt und erklärt hiermit, dass die nachfolgenden Informationen wahrheitsgemäß und korrekt sind. Die VW AG stimmt zu, akzeptiert und erkennt an, dass sie nach US-Recht für die in dieser Sachverhaltsdarstellung dargelegten Handlungen ihrer Mitarbeiter verantwortlich ist und erkennt weiterhin an, dass diese Handlungen im Rahmen der Ausübung ihrer beruflichen Beschäftigung/ihres Arbeitsverhältnisses und, zumindest teilweise, zum Vorteil der VW AG erfolgten.“ (https://www.justice.gov/opa/press-release/file/924436/download) – mit Unterschriften dreier großer amerikanischer Anwaltskanzleien im Namen und Auftrage von Volkswagen sowie der des Justitiar und Generalbevollmächtigten der VW AG, Manfred Doess.

Der „Vorteil der VW AG“, der bereits im Geständnis in den USA auftaucht, war auch ausschlaggebend für das „Bußgeld“ der Braunschweiger Staatsanwaltschaft von 1 Milliarde Euro: Es ging um die Abschöpfung der Betrugsdividende, die tatsächlich längst bei den Großaktionären, dem Porsche-Piëch-Clan und den Scheichs von Katar gelandet ist. In die Zeit von Ferdinand Piëch als Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden fällt übrigens der Beginn des millionenfachen Betruges. Die niedersächsische Landesregierung als großer Anteilseigner muss jetzt handeln, das betrügerische Management ablösen und einen Neustart einleiten, bevor der Schaden für das Unternehmen noch größer wird – diesen Schaden hätten nämlich vor allem die Beschäftigten durch Entlassungen und die Kommunen durch drastische Steuerausfälle.

Auszugsweise veröffentlich in junge welt, 28. August 2018

https://www.jungewelt.de/artikel/338733.frisierte-abgaswerte-es-wird-eng-f%C3%BCr-winterkorn.html

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