VW-Skandale am Fließband: „Fehlverhalten Einzelner“ oder Verschwörung?

Abgasbetrug, Abgastests an Affen und Razzia bei Audi – bisher wurde nichts aufgeklärt! Öffentliche Kontrolle ist jetzt dringend erforderlich.

In diesen turbulenten Tagen mit Tarifabschluss in der Metallindustrie und Regierungsbildung in Berlin geht beinah unter, dass im VW-Konzern wieder und immer noch Feuer unterm Dach ist. Es stinkt zum Himmel, den Dreck von Vorstand und Management müssen aber die Beschäftigten weg räumen.
Der Abgasbetrug ist mitnichten aufgeklärt, da kommen die Abgastests mit Menschen und Affen ans Licht. Wie beim millionenfachen Abgasbetrug soll es sich um „Fehlverhalten Einzelner“ handeln und Müller kündigt an, „mit harter Hand und ohne Rücksicht auf Personen“ aufzuklären.
Wie beim Abgasbetrug handelt es sich angeblich um „Fehlverhalten Einzelner“, wie beim Abgasbetrug kündigt der Chef rücksichtslose Aufklärung an.
„Primaten statt Menschen“, so wurde innerhalb des Unternehmens, u.a. mit der Rechtsabteilung abgesprochen, sollten den Abgasversuchen ausgesetzt werden. Sind denn die von allen guten Geistern verlassen? Gibt es keinen kleinsten Rest von Anstand mehr bei diesen Typen?

Ausgerechnet die Manager von Volkswagen unterstellt denjenigen, die diese unfassbaren Laborversuche bekannt gemacht haben, unlautere Motive und „aufrührerische Vergleiche“, weil man, wenn „Primaten statt Menschen“ giftigen Abgasen ausgesetzt werden, natürlich an die Geschichte dieses Unternehmens denken muss; an die Gründung durch die Nazis, an die Rüstungsproduktion, an die Zwangsarbeit, an die KZ-Sklaven und an die toten Babys der zur Zwangsarbeit verdonnerten Mütter im werkseigenen „Kinderheim“. Der verantwortliche Werksarzt ist für diese Verbrechen zum Tode verurteilt und hingerichtet worden. Und nun ist ausgerechnet der vormalige Werksarzt des hannoverschen VW-Werkes für diese Abgastests mit Affen zuständig.

Zwei Bauernopfer – das systematische „Fehlverhalten Einzelner“

Der für Regierungsbeziehungen zuständige Manager wurde beurlaubt: Dr. phil. Thomas Steg. Wer ist dieser „Generalbevollmächtigte“, der „die volle Verantwortung“ übernahm? Mit Abgastechnik und Einkauf von Laboruntersuchungen hat der eigentlich nichts zu tun – dafür wäre sicher die Forschungsabteilung zuständig. Thomas Steg, der Chef-Lobbyist von VW hat eine Bilderbuchkarriere hingelegt: einst war der Sozialdemokrat Pressesprecher des DGB in Niedersachsen, dann Pressesprecher der SPD, mit dem „Genossen der Bosse“ nach Berlin als hoher Beamter ins Kanzleramt gezogen, dann wieder Pressesprecher der Bundesregierung, Medienberater im „Team Steinmeier“, als der Bundeskanzler werden wollte und schließlich und logisch seit Februar 2012 eben „Generalbevollmächtigter für Außen- und Regierungsbeziehungen der Volkswagen AG“.Das „Fehlverhalten Einzelner“, „volle Verantwortung“, der Vorstand hat von nix gewusst und klärt „mit harter Hand“ auf.

Da muss der Blick nochmals auf die „rücksichtslose Aufklärung“ des Dieselbetruges gelenkt werden, weil auch dort – völlig unglaubwürdig – das „Fehlverhalten Einzelner“ als Ausrede gefunden wurde. Ähnlich dem Fall Thomas Steg wurde der für die Zusammenarbeit mit den US-Behörden zuständige Oliver Schmidt nach Verurteilung durch die US-Justiz zu einer siebenjährigen Haftstraße von Volkswagen gekündigt. Laufende Verfahren deutscher Staatsanwaltschaften gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden und den Vorstandsvorsitzenden Müller wie gegen seinen Vorgänger Winterkorn laufen und laufen und laufen, die Staatsanwaltschaften ermitteln und ermitteln und ermitteln. Die neue alte Führung von Poetsch und Müller hatte rücksichtslose Aufklärung versprochen – aber nichts ist seit mehr als zwei Jahren geklärt, nichts ist von der angekündigten Transparenz umgesetzt worden, niemand, außer dem armen Oliver S., hat Schuld. Die wirklich teure und treue (darüber wird noch zu reden sein) US-Anwaltskanzlei Jones Day hat einen Bericht über ihre internen Ermittlungen erstellt, der ist aber seit über einem Jahr unter Verschluss, im Giftschrank. Die offizielle Begründung von Volkswagen: Eine Veröffentlichung wäre zum schweren Schaden von Volkswagen. In den USA hat Volkswagen ein vollumfängliches Geständnis abgelegt und Betrug, Verschwörung und Behinderung der Justiz eingestanden. Selbst die Zeugenaussage des Porsche-Enkels und langjährigen VW-Chefs Ferdinand Piëch, dass er den Vorstand Winterkorn frühzeitig auf Ungereimtheiten in den USA angesprochen habe, führt nach vielen Monaten zu keinerlei Konsequenzen.

Razzia bei Audi

Ganz gelegentlich hört man etwas von der Staatsanwaltschaft – so am 6. Februar diesen Jahres, als mal wieder eine Razzia bei Audi in Ingolstadt und Neckarsulm sowie in „einer Privatwohnung“ anstand. „verdacht auf Verstoß gegen EU-Emissionsgesetze“ war der Durchsuchungsgrund, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Aber auch hier könnte sich herausstellen, dass es „Fehlverhalten Einzelner“ war, der Vorstand steht nicht auf der Liste der verdächtigen Personen, wiewohl ein Bußgeldverfahren gegen Vorstandsmitglieder und gegen das Unternehmen anhängig sind. Trotz der zugesagten „vollumfänglichen Kooperation“ seitens Volkswagen mit der Staatsanwaltschaft, bleibt der interne Untersuchungsbericht unter Verschluss.

Erlaubnis zur Betriebsführung entziehen

Die Kette von kriminellen Machenschaften, von der Zusammenarbeit mit Diktatoren und Militärputschisten in Brasilien, Argentinien, der Türkei und – nicht zu vergessen – dem Apartheidregime in Südafrika über Kartellbildung, millionenfachem Abgasbetrug, die Be- und Verhinderung von betrieblicher Interessenvertretung in verschiedenen Werken bis zu perversen Laborversuchen an Affen muss jetzt Konsequenzen haben: Der Vorstand von VW ist offensichtlich nicht in der Lage, den Konzern ohne gröbste Gesetzesverstöße zu führen.  Die USA haben im Zuge des Vergleiches mit VW nicht nur Milliarden Schadenersatz verhängt, sondern auch einen Kontrolleur für Volkswagen bestellt. Der erfahren Jurist Larry Thompson hat mit seinem Team Zugang zu allen Büros, Akten und Computern bei VW, jede_r Beschäftigte hat ihm wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen.

Dem Management von Volkswagen ist die Erlaubnis zur Betriebsführung zu entziehen – so wie jedem Gammelfleischproduzenten. Das Unternehmen ist unter Kontrolle öffentlicher staatlicher Stellen, eines Unternehmensrates unter Mitwirkung von Belegschaft, Gewerkschaft und Umwelt- und Verkehrsverbänden zu stellen!

 

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