Die deutsche Automobilindustrie befindet sich im Umbruch. Die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust erfasst immer mehr Beschäftigte. Ende November gingen rund 15.000 Arbeiterinnen und Arbeiter in Stuttgart auf die Straße, um gegen die Sparpläne der Automobil- und Zuliefererkonzerne zu protestieren.
DIE LINKE steht solidarisch an der Seite der Beschäftigten. Für das Versagen von Politik und Konzernführungen dürfen sie nicht mit ihren Jobs bezahlen müssen.
Die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust im Mutterland des Automobils ist real. Daimler hat angekündigt, die Personalkosten in den nächsten drei Jahren um 1,4 Milliarden Euro zu drücken. Bei BMW, Volkswagen und Audi droht der Abbau mehrere tausend Jobs. Auch bei den Zulieferern sieht es düster aus: Continental streicht bis zu 7.000 Arbeitsplätze. Magna schließt ganze Produktionsstandorte. Bosch hat bereits 2.500 Stellen gekürzt, weitere 3.000 könnten demnächst folgen. Andere Zulieferer, beispielsweise Festo, kürzen die Wochenarbeitszeit und drücken so die Löhne.
Besonders stark betroffen von Arbeitsplatzabbau und Sparmaßnahmen sind die Beschäftigten, die in den Produktionshallen als Leiharbeits- oder Werkvertragskräfte tätig sind. Wie vielen dieser prekär Beschäftigten die Unternehmen die Jobs bereits gekündigt haben, wird nicht einmal öffentlich verkündet.
Die Gründe für die gegenwärtige Krise sind vielfältig. Die starke Abhängigkeit dieser Schlüsselindustrie vom Export erweist sich mehr und mehr als Sackgasse: Globale Überkapazitäten und die Sorge vor einer weltweiten Rezession stellen ein Risiko für die gesamte Branche dar. Hinzu kommt die strategischen Entscheidungen des Managements, die stets hauptsächlich den Profiten der Aktionärinnen und Aktionäre dienten und nicht die Interessen der Belegschaften berücksichtigten. Notwendige Weichenstellungen, etwa die Umstellung auf klimafreundliche Fahrzeugmodelle, wurden in den Chefetagen der Autokonzerne jahrelang torpediert. Auch wichtige Trends in der Entwicklung von Leittechnologien, etwa bei der Elektromotorisierung und der Digitalisierung, wurden verschlafen. Im globalen Verdrängungskampf geraten die hiesigen Automobilkonzerne immer stärker in die Defensive. Die Probleme der Autokonzerne wirken sich unmittelbar auf die Zuliefererbetriebe aus.
Zeit für die Mobilitätswende
Es ist zu befürchten, dass es ohne staatliche Eingriffe zu massivem Arbeitsplatzabbau kommen wird, wodurch auch der Druck auf Arbeitsbedingungen und Löhne steigen würde. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die soziale und ökologische Transformation einer der wichtigsten Industrien in Deutschland anzugehen. Die Zeit ist reif für einen linken Green New Deal, der Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammenbringt. Und ein wichtiger Bestandteil dieses Deals ist die Mobilitätswende.
Die Erkenntnis, dass es einer radikalen Mobilitätswende bedarf, um den Klimawandel zu stoppen, gewinnt in der Bevölkerung an Zustimmung. Das Festhalten an der Dominanz des Individualverkehrs und am Verbrennungsmotor steht bislang einer nachhaltigen Lösung der Klimakrise im Weg. Um das Klima zu retten, müssen die CO²-Emmission und der Energieverbrauch im Verkehrssektor radikal gesenkt werden.
Die Automobilkonzerne drängen den Staat dazu, die Kosten für den Auf- und Ausbau der Infrastruktur für E-Mobilität zu übernehmen; gleichzeitig beharren sie auf ihren bisherigen Subventionen. Das ist ein Irrweg, der nur den Automobildynastien – also den Porsches, Quandts, und Klattens – die Profite sichert.
Um die Abhängigkeit vom privaten Pkw zu reduzieren, muss der öffentliche Personenverkehr gestärkt werden: Bus und Bahn müssen massiv ausgebaut werden, in den Städten und auf dem Land. Die Ticketpreise sollen deutlich gesenkt werden, sowohl für den Nahverkehr als auch für den Fernverkehrt, um der Mehrheit der Bevölkerung bezahlbare Alternativen zum Auto zu bieten. E-Mobilität kann ein Beitrag zur sozial-ökologischen Mobilitätswende sein. Aber ein technologischer Antriebswechsel allein reicht nicht aus.
Ein linker Green New Deal
Es geht um einen sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft. Jetzt sind die Voraussetzungen zu schaffen, die Autokonzerne und die Zuliefererbetriebe umzubauen zu Mobilitätsunternehmen, die einen Beitrag zur Rettung des Klimas leisten können. Die Zukunft der Automobilindustrie liegt in der CO²-neutralen Produktion von klimafreundlichen E-Autos, von Bussen, Straßenbahnen und Zügen und der Bereitstellung von Mobilitätskonzepten. Zur Finanzierung sollen unter anderem die enormen Rücklagen der Automobilkonzerne herangezogen werden.
Die Mobilitätswende, für die sich DIE LINKE im Rahmen eines linken Green New Deals stark macht, richtet sich nicht gegen die Beschäftigten in der Autoindustrie – im Gegenteil. Kein Beschäftigter darf gezwungen werden, sich zwischen dem Arbeitsplatz und einer guten Zukunft der Kinder und Enkelkinder entscheiden zu müssen. Die Transformation der Wirtschaft soll durch einen staatlichen Fonds in Höhe von 20 Milliarden Euro gestützt werden. Selbstverständlich wird der Bezug von Mitteln aus diesem Fonds geknüpft an den Erhalt von Arbeitsplätzen und der Einhaltung von Tarifverträgen. So kann die soziale und ökologische Transformation der Autoindustrie Industriearbeitsplätze sichern.
Ein linker Green New Deal ist nicht umsonst zu haben. Es braucht ein 120-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm für den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur. Dazu soll unter anderem eine Vermögenssteuer eingeführt werden, mit der Millionäre und Milliardäre zur Kasse gebeten werden, um einen stärkeren Beitrag zum Gemeinwesen zu leisten. Allein diese Steuer brächte jährlich mindestens 80 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen.
Für DIE LINKE ist es wichtig, die Mehrheit der Beschäftigten von diesem Plan zu überzeugen. Das kann nur gelingen, wenn der linke Green New Deal verbunden wird mit der Entwicklung eines neuen Wohlstandsmodells und der Verbesserung der Lebensqualität. Mit Arbeit, die zum Leben passt, und Löhnen, die für ein gutes Leben reichen. Mit dem Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, unter anderem bei Bildung, Gesundheit, Wohnen. Diese bessere Zukunft für die Mehrheit der Bevölkerung ist möglich, wenn jetzt begonnen wird mit einer anderen Wirtschaftspolitik, mit dem sozialen und klimagerechten Systemwandel.