Eine Verkehrswende – wie kann sie gelingen?

Ein Bericht über die Veranstaltung zur Mobilitätswende in Freiburg

Am 12.10.23 fand im DGB-Haus in Freiburg eine Veranstaltung zum Thema Mobilitätswende mit einem Vortrag von mir statt. Die Veranstaltung war mit 60 bis 70 Menschen gut besucht, darunter Gewerkschafter:innen, Aktive des Freiburger Netzwerks Mobilitätswende und Bürger:innen. Die Organisation übernahmen Attac, Parents4Future, DGB, ver.di und die Zukunftsakademie. Begleitet wurde das Event von Stadtwandler.

Herzlichen Dank für den Beitrag aus der Community von Elke Hügel (attac Freiburg). Sie war vor Ort und hat die Inhalte der Veranstaltung notiert. StadtWandler hat den Beitrag redaktionell überarbeitet und nun kommt ihr in den Genuss einer kurzen Zusammenfassung der Veranstaltung.

Deutschland und die Automobilindustrie

Bei der Begrüßung zur Veranstaltung wurde darauf hingewiesen, dass die deutsche Autoindustrie weltweit eine Verkehrswende auszubremsen versucht. Als Beispiel wird das Mercosur Abkommen genannt, worin die EU-Kommission der Automobilindustrie weitreichende Zugeständnisse gemacht hat. Diese Zugeständnisse würden den Autoherstellern einen lukrativen Absatzmarkt in Südamerika für Verbrennungsmotoren bis 2050 sichern. In den Mercosur-Ländern ist die Kritik und Skepsis diesem Abkommen gegenüber gestiegen und diese Länder haben sich vorerst aus den Verhandlungen zurückgezogen.

Der Kurzfilm von Siggi Held „Autoland abgebrannt“

hat auch in der späteren Diskussion Anknüpfungspunkte geboten und fand viel Resonanz bei den Teilnehmenden.

Weitere Informationen in der Veröffentlichung „Mobilitätswende ausgebremst“

vom Hilfswerk der katholischen Kirche Misereor, der Deutschen Umwelthilfe, Greenpeace Deutschland, PowerShift, Attac Deutschland, Attac Österreich und dem Netzwerk Gerechter Welthandel.

Stephan Krull Betriebsrat bei Volkswagen und Mitglied des Vorstandes der IG-Metall-Geschäftsstelle Wolfsburg sowie der Tarifkommission der IG Metall für Volkswagen (bis 2006) Vorstandsmitglied und Vorsitzender der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen (bis 2014) Mitglied der Partei Die LINKE aktiv in der Attac AG ArbeitFairTeilen Publizist und Referent zu gewerkschaftlicher Bildungsarbeit, Arbeitsrecht, Arbeitsorganisation (Arbeitszeitverkürzung), Tarifpolitik, Wirtschaftspolitik  

Stephan Krull: Wie kann die Verkehrswende gelingen?

Wir haben den Vortrag Stephan Krull in Kürze für euch zusammengefasst.

1. Automobilindustrie in Deutschland

  • Der Umsatz und damit auch die Wirtschaftsmacht der Autoindustrie ist immer noch größer als der Bundeshaushalt – obwohl seit 2016 40% weniger Autos produziert werden, bei Opel und Ford Werke geschlossen wurden und weitere Schließungen absehbar sind.
  • Ein großer Teil davon ist auf die – nicht erfolgreiche – Strategie der Autoindustrie zurückzuführen, fast nur noch SUVs zu produzieren.
  • Die Rolle des Staats: Er gewährt der Autoindustrie alle Vorteile, von Subventionierung der Dienstwagen, Parkhäuser und E-Autos bis zum Bau von Ladestationen für Eigenheimbesitzer.
  • Statt die Mittel für eine bessere Bahninfrastruktur und Bahnausbau, bzw. Wiederbelebung der stillgelegten 6000 km Bahnstrecken der letzten Jahre zu nutzen, wird das Geld des Bundeshaushalts vor allem im Straßenbau versenkt.

2. Spurwechsel

  • In den Städten ist eine Halbierung des Autoverkehrs möglich: Der Stopp der Autosubventionierung könnte als Mittel der Finanzierung für einen Umbau verwendet werden (z.B. Subventionierung auch in Form städtischer Mittel, für ÖPNV statt für Tiefgaragen).
  • Auf dem Land wären mehr ÖPNV-Modelle nötig: flexibler, mit Rufbereitschaft. Erfahrungen in anderen Kommunen und Städten existieren (Hamburg/Hannover).
  • Produktion von Bussen statt von Autos: Früher gab es eine große Busproduktion, heute gibt es nur noch zwei Produzenten in Deutschland.
  • Er werden 2,5 Mio Fahrräder in Deutschland produziert. Lastenräder nehmen sehr stark zu.
  • Welches Potential liegt in der Transformation des Mobilitätssektors, Arbeitsplätze zu schaffen und Menschen zu beschäftigen? Das beschreibt Mario Candeias in der Publikation „Spurwechsel“ (Mario Candeias/Stephan Krull,digital aufrufbar: Spurwechsel_VSA.pdf
  • , S. 385 – 402).
  • Ein Beispiel für positive Transformation: Das Werk von Continental in Gifhorn wird geschlossen. Dafür übernimmt Stiebel Eltron das Gelände und die Beschäftigten für die Herstellung von Wärmepumpen.

3. Wie kann eine Verkehrswende gelingen ?

  • Die Verkehrswende kann gelingen durch die Regulierung der Autoindustrie/ des Autoverkehrs und durch den Ausbau des ÖPNV sowie durch Bündnismöglichkeiten von Klimabewegung und -gruppen mit Gewerkschaften etc.
  • Der Prozess dauert 10 Jahre bis 15 Jahre.
  • Ein weiterer Baustein für eine gelingende Verkehrswende ist eine Bewusstseinsänderung in der Bevölkerung.
Mehr zum Thema Bündnisse schmieden zwischen Klimabewegung und Gewerkschaften im Artikel zum 4netzen „Verkehrswende – ökologisch und sozial?“ (Oktober 2023)

Ausblick: Wie geht’s in Freiburg weiter?

Nach dem Vortrag von Stephan Krull fand eine offene, lebhafte Diskussion statt. So wurde über die Frage einer Vergesellschaftung der Bahn z.B. zu einer Bürgerbahn diskutiert. Weitere Diskussionsbeiträge bezogen sich auf Freiburg, die Kommunalwahl 2024 und die Halbierung der Autospuren am Schloßbergring zugunsten des Radverkehrs.

Die Initiative Freiburg-Kommunal-Klimagerecht schlug vor, zusammen zu arbeiten, um gemeinsam stärker zu werden, denn im Verkehrsbereich seien die Forderungen der Gruppen aus dem Netzwerk Mobilitätswende sehr ähnlich. Die Diskussion soll fortgesetzt werden.

https://www.stadtwandler.org/de/articles/eine-verkehrswende-wie-kann-sie-gelingen

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