Vor dem nächsten Autogipfel: Milliarden für die Autoindustrie oder für den öffentlichen Verkehr? Klimaschutz oder Klimakiller?
Appell der Betriebs- und Personalräte der Nahverkehrsbetriebe für ein Notfallprogramm des Bundes:
Wie die Bahn haben auch die Nahverkehrsbetriebe Einnahmeausfälle von bis zu 90 Prozent. Um einen Zusammenbruch der Nahverkehrsbetriebe zu verhindern, ist – wie bei der Bahn – ein Notfallprogramm der Bundesregierung erforderlich. Die Beschäftigten im ÖPNV garantieren Mobilität für viele Menschen in systemrelevanten Berufe wie Gesundheitswesen, Rettungskräfte, Handel und Gütertransport, aber auch für alle anderen Menschen, für Kinder, für Ärmere, für eingeschränkt mobile Personen, die auf den ÖPNV angewiesen sind.
Die Frage ist, was uns öffentliche Mobilität und Daseinsvorsorge wert sind. Wollen wir weiterhin verlässliche Mobilität für Bürgerinnen und Bürger? Wollen wir weiterhin den ÖPNV stärken und ausbauen, um die Klimaschutzziele zu erreichen? Dann müssen jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt werden.
Die Arbeitsplätze in der Autoindustrie
Die Autoindustrie kommt nicht mehr in Gang. Es ist nicht nur ein stottern nach dem Lockdown, sondern es sind die Überkapazitäten, die in dieser Krise vernichtet werden. Seit zwei Jahren sind die Autoabsätze weltweit rückläufig. Was die daraus entstehenden Sorgen der Beschäftigten in der Autoindustrie betrifft: Die Autokonzerne haben ohnehin einen radikalen Um- und Abbau geplant und werden diesen durchsetzen, weil das Auto eben von gestern ist. Der Ausbau des ÖPNV bedarf vieler neuer, qualifizierter und auch gut bezahlter Arbeitsplätze: In vielen Städten ist der ÖPNV heute überlastet. Wenn die Mobilitätswende nur 30 Prozent mehr Fahrgäste für die Nahverkehrsbetriebe mobilisiert, werden zusätzliche Busse und Bahnen benötigt. Die Stadt wird von großen Teilen des Autoverkehrs und den damit verbundenen Kosten zu einem guten Teil entlastet.
Mit der Einführung der Mobilitätswende sind Investitionen aus öffentlichen Mitteln nötig, denn es müssen Fahrzeuge gebaut und gekauft werden, Personal eingestellt, Haltestellen und Bahnhöfe umgebaut werden. Die Infrastruktur muss modernisiert und ausgebaut werden. Der Sanierungsstau im kommunalen ÖPNV beträgt jetzt schon vier Milliarden Euro. Das kompensiert die Verluste an Arbeitsplätzen in der Autoindustrie. In einem geplanten Umbau – etwas besser als beim Kohleausstieg – kann die Mobilitätswende ohne soziale Brüche in einem 10-Jahreszeitraum realisiert werden.
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