Lesetag – Rassismus, Faschismus und Kapitalismus

Heute ist ein Lesetag.

Zunächst aus dem kleinen Buch der selbstorganisierten Gruppe, des Autoren_innenkollektivs „Jugendliche ohne Grenzen“: „Zwischen Barrieren, Träumen und Selbstorganisation“ aus der Reihe „Fluchtaspekte“ des V&R-Verlages. Ein Buch nicht über junge Geflüchtete, sondern ihre Erfahrungen von ihnen selbst aufgeschrieben. Geflüchtete Jugendliche begegnen in unserem Land sowohl strukturellem Rassismus wie Unverständnis und Paternalismus – gelegentlich, nicht überall, auch angemessener Unterstützung.

Das Büchlein ist umwerfend – wohl auch für einige der in Beiträgen kritisch genannten Psychologen: „Ich glaube, die stellen zu viele Fragen. Sie sind wie Journalisten. Die sagen: >Du musst diese Frage nicht beantworten, du entscheidest, ob du sie beantworten willst oder nicht.< Und dann stellen sie die Frage anders, aber wieder die gleiche Frage, die du nicht beantworten wolltest. Sie fragen nochmal und nochmal und nochmal.“

Dann kommt Ossietzky dran, die nur DIN A 5 kleine rote Zeitschrift aus dem gleichnamigen Verlag. Eine Nummer der Zeitschrift in der Tradition von von Schau- und Weltbühne zum 130. Geburtstag von Carl von Ossietzky mit flammenden Appellen zu gemeinsamem demokratischen und republikanischen Verhalten gegen den schon wieder weit entwickelten Nationalismus, Rassismus und Chauvinismus – um nicht fürchterlich zu scheitern im Kampf gegen den Faschismus wie in den 1930er Jahren. Zitiert wird in einem Beitrag aus einem Nachkriegsprogramm der CDU von 1947: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden.“ Der Kapitalismus widerspricht den Lebensinteressen der Menschen – heute richtiger noch als 1947, wenn wir uns die globale Inwertsetzung von allem und die brutale Zerstörung aller sozialen Zusammenhänge ansehen.

 

Schließlich landet die frisch gelieferte Zeitung der IG Metall neben dem Kaffee. „Miteinander für Morgen“ , so der Titel der letzten Ausgabe vor dem Gewerkschaftstag, der am Ende dieser Woche beginnen wird. Ob die IG Metall wirklich bereit für die Zukunft ist, wie der Vorsitzende im Editorial schreibt? Ob sie die Transformation tatsächlich sozial, ökologisch und demokratisch gestalten kann, ohne in ganz anderer Weise auf Klimabewegung und Friday for Future zuzugehen?

Es ist zusammenzufassen, was in zwei verschiedenen Notizen steht:

Fast 630.000 Privatiers leben in Deutschland von ihren Kapitaleinkünften – Multimillionäre und Milliardäre, die für ihren Lebensunterhalt keinen Finger krumm machen müssen, weil andere sich für sie krumm machen. Übrigens ein Zuwachs von 70 Prozent seit 20 Jahren an Personen, die so parasitär ihr Leben in Saus und Braus gestalten. Die andere Meldung auf einer anderen Seite der Metall-Zeitung: Über zwei Millionen Menschen im Alter zwischen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss, Tendenz steigend. „Hier muss gegengesteuert werden“, sagt der zuständige Gewerkschaftssekretär – allerdings ohne einen Zusammenhang zur vorherigen Meldung herzustellen.

Ein guter Einstieg in den Tag? Das kapitalistische Wirtschaftssystem wird den Lebensinteressen der Menschen nicht gerecht – heute so wenig wie vor 70 Jahren. Die Bedrohung für Menschenrechte, für Demokratie und Republik war aber lange nicht so groß wie heute – nicht nur in USA, in der Türkei, in Britannien, sondern ebenso in Deutschland, Frankreich, Österreich, Polen, Ungarn und vielen anderen Ländern.

Mit dieser betrüblichen Erkenntnis dann auf in die nächste Woche!

https://www.jpc.de/jpcng/books/detail/-/art/silke-birgitta-gahleitner-zwischen-asylverfahren-jugendhilfe-und-heimweh/hnum/8224630

http://www.ossietzky.net/willkommen

https://www.igmetall.de/service/publikationen-und-studien/metallzeitung

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