Gewerkschaften, Klimawandel und Mobilitätswende

Ungewöhnlich trocken ist es seit fünf Jahren in Deutschland, extreme Dürre in Nord- und Mitteldeutschland; „Sandwürste bei Liebenwalde“ aus dem Frühjahr 2019; die wohl schlechteste Ernte“ im Jahr 2018; Unfälle in Sand- und Staubwolken in den Vorjahren; die Niederlande wappnen sich gegen gefräßige See, schwimmende Städte sollen das Land vor dem Untergang bewahren; Monsunregen überschwemmt Bangladesch und Myanmar; das Klimaphänomen El Niño führt zu Überschwemmungen in Mittelamerika, Dürren in weiten Teilen Afrikas und Asiens, ein weltweites Artensterben scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein.

Die Folgen dieser Katastrophen werden mehr als bisher Millionen Menschen weltweit betreffen: nur Ignoranten leugnen den Klimawandel, die rechten Politiker*innen der AfD und Leser*innen von Springers Kampfblatt. Die Regierenden – nicht nur in Deutschland – geben vor, das Problem erkannt und das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet zu haben. Die Bundesregierung betont immer wieder, dass die Einhaltung der Klimaziele nicht „unseren Wohlstand“ und nicht „unsere Arbeitsplätze“ belasten darf, meint damit Exportkraft und Profite – und bleibt weitgehend tatenlos.

Die Industriegewerkschaften sehen den Klimawandel als Bedrohung der Menschheit im Allgemeinen und betonen die Notwendigkeit, im Kampf um die Einhaltung des 2-Grad-Zieles und gegen die Folgen des Klimawandels die soziale Frage nicht zu vernachlässigen: eine sozial-ökologische Transformation der Wirtschafts- und Lebensweise bedarf der Zustimmung der Bevölkerung, auch und gerade der Arbeiter*innenklasse und also des Erhaltens möglichst vieler guter und industrieller Arbeitsplätze.

Zurecht werden demokratische und soziale Ansprüche benannt und in den richtigen Zusammenhang gestellt. Dennoch sind die gewerkschaftlichen Positionen in sich widersprüchlich und insgesamt halbherzig. „Gerecht grüner werden“ ist so eine Losung dafür – ohne dass Gewerkschaften sich vom längst unhaltbaren Wachstumszwang verabschieden wollen. Unter der fragenden Überschrift „Wie schaffen wir die klimafreundliche Verkehrswende“ gibt es einen Verweis auf die Regierungskommission „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ (NPM): Frank Iwer, der Automobilexperte des IG Metall-Vorstandes, begrüßt, „dass jetzt endlich die Voraussetzungen für den Hochlauf der Elektromobilität auf die Tagesordnung gebracht werden und die Umsetzung mit konkreten Maßnahmen hinterlegt wird.“

Genau das hat die nationale Plattform Zukunft der Mobilität am 26.3.2019 in einem Zwischenbericht formuliert. „Mit der Empfehlung, die Umsetzungsschritte schrittweise zu überprüfen und nötigenfalls auch nachzusteuern, befindet sich die NPM auf dem richtigen Weg“, sagte Iwer. Diese „Nationale Plattform“ ist das Erbe der Regierungskommission zur Elektro-Mobilität angetreten.

Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Elektroauto-Flotte von 1 Millionen Fahrzeugen vorweisen zu können, ist grandios gescheitert; in Deutschland sind im Frühjahr 2019 nicht einmal 10 Prozent davon realisiert. Ursächlich dafür ist u.a., dass die Autokonzerne auf Subventionen spekulieren und Elektroautos bauen wollen, die in allen wesentlichen Parametern den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren gleichen: Ebenso groß, ebenso schnell, ebensolche Reichweite – obwohl das keineswegs der überwiegenden Nutzung entspricht – aber prestige- und profitträchtig ist. Trotz dieses Fehlschlages hat sich die Zusammensetzung der Kommission nicht geändert: etwa 100 Personen, davon je ein Vertreter von IG Metall, IGBCE und EVG – alles andere sind Unternehmensvertreter oder hohe Beamte.

Und die IG Metall glaubt wirklich, mit dieser „Nationalen Plattform“ einen „gerechten Wandel“ durchsetzen zu können! Selbst der Verband der Bahnindustrie ist da weiter und kritisiert die Zwischenergebnisse grundsätzlich:

Der Zwischenbericht enthält für die Stärkung der emissionsarmen Schiene kaum konkrete Maßnahmen. Stattdessen werden ambitionierte Ziellinien verwischt. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag 2018 eine Verdoppelung des Schienenpersonenverkehrs bis 2030 als Ziel definiert. Das spiegelt eine klare politische Überzeugung: Klimaschutz – ernst gemeint – braucht eine starke Schiene. Aber statt Maßnahmen zu entwickeln, um dieses ehrgeizige Ziel zu realisieren, für die Menschen und für die Umwelt, wird nun mit dem Papier das Ziel kurzerhand entsorgt. Das Papier hat Schlagseite und taugt nicht als Konzept für klimaschonende Mobilität.

Zur technologischen und geschäftsmäßigen Suchbewegung der Industrie nach neuen Profitquellen und zur Balance zwischen Klimazielen und Beschäftigung sagt der IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann, als hätte es die staatlichen Vorgaben aus China nicht längst gegeben, u.a.:

„Vor einigen Jahren sind wir noch davon ausgegangen, dass die beschäftigungsintensive Hybridtechnologie eine große Verbreitung erreicht. Heute deutet alles darauf hin, dass der Übergang zu rein elektrischen Fahrzeugen schneller kommt als erwartet. Wir rechnen durch dieses erhöhte Tempo damit, dass allein im Bereich der Aggregate ein Viertel aller Jobs wegfallen könnte. Deshalb wollen wir diesen Prozess steuern, damit etwa Zulieferer sich darauf einstellen und nach neuen Geschäftsmodellen suchen können. Wir sehen noch Optimierungsmöglichkeiten des Verbrennungsmotors. Technisch machbar ist aus unserer Sicht eine Reduzierung von 1,5 Prozent CO2 pro Jahr bis zum Jahr 2030. Gleichzeitig müssen wir die Marktdurchdringung mit elektrischen Fahrzeugen vorantreiben. Jeder Prozentpunkt mehr verkaufte Fahrzeuge bedeutet eine weitere CO2-Minderung. Ein Gramm CO2-Senkung pro Jahr sollte dann zu schaffen sein, auch wenn es ein anspruchsvolles Ziel ist, da es an Infrastruktur fehlt.

Derweil melden Zulieferbetriebe Insolvenz an und die Automobilhersteller selber kündigen Sparprogramme und massenhaften Personalabbau in ihren Werken an. Unkritisch übernommen wird vom IG Metall-Vorsitzenden die willkürliche ordnungsrechtliche Festlegung, Elektro-Autos seien „Zero-Emission-Fahrzeuge“ – wobei sie in der Herstellung und, abhängig vom Strommix, auch im Betrieb eher mehr als weniger CO2 verbrauchen.

Realistisch ist das alles nicht – weder von den Produktionskapazitäten noch von den Absatzmöglichkeiten, weder von der Ladeinfrastruktur noch von der verfügbaren Strommenge. Aber die Autoindustrie, Volkswagen voran, setzt zu 100 Prozent auf Elektroautos, am besten auf Elektro-SUVs, weil damit am meisten verdient wird. Unrealistisch ist es auch wegen der Preise, die für E-Autos unter den beschriebenen Vorzeichen genannt werden: Volkswagen will sein erstes voll elektrisch betriebenes Fahrzeug (ID.3) für „ab 40.000 Euro“ auf den Markt bringen; mit etwas geringerer Reichweite kündigt Renault an, den „K-ZE“ für 15.000 Euro anzubieten.

Die gewerkschaftliche Misere

Mangels Mut und besserer Ideen, mangels ausreichender formaler und tatsächlicher Mitbestimmung ordnet sich die Gewerkschaft diesem Kurs unter. Selbst das Betriebsverfassungsgesetz könnte anders ausgelegt und angewandt werden. Im § 92a heißt es: „Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge zur Sicherung und Förderung von Beschäftigung machen. Diese können insbesondere … Alternativen zur Ausgliederung von Arbeit sowie zum Produktions- und Investitionsprogramm zum Gegenstand haben.“ Verbunden mit betrieblicher und gewerkschaftlicher Öffentlichkeitsarbeit können solche per Gesetz vorgesehene „Vorschläge“ durchaus wirkmächtig werden.

Nehmen wir als Beispiel VW, den sozialpartnerschaftlichen Vorzeigemusterbetrieb: immerhin ist Jörg Hofmann stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, immerhin haben 10 Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat mit den zwei Vertretern des Landes Niedersachsen eine Mehrheit, immerhin ließ Berthold Huber gar seine Zeit als Vorsitzender des Aufsichtsrates verstreichen, ohne eine einzige Entscheidung hin zu einer anderen Mobilität auf den Weg gebracht zu haben. Die Gewerkschaft hofft – immer noch – auf sozialpartnerschaftliche Lösungen, obwohl die Anteilseigner und die oberste Managerkaste die Sozialpartnerschaft aufgekündigt und der Gewerkschaft und dem Betriebsrat längst den Krieg erklärt haben. „Wolfgang Porsche schießt gegen den Betriebsrat“ und dieser „weist die Kritik zurück“. Mit ähnlich harten Bandagen wird bei Opel, Ford, BMW und Mercedes gekämpft, an den ausländischen Standorten wie zum Beispiel im US-Werk von Volkswagen in Chattanooga sowieso.

Aufgaben und Ziele der IG Metall

Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert hat nicht nur die Debatte um Vergesellschaftung öffentlich angestoßen, sondern der IG Metall auch den Spiegel vorgehalten. In deren Satzung im Paragraf 2 heißt es, ausdrücklich bestätigt beim Gewerkschaftstag im Oktober 2015:

„Die IG Metall hat die Aufgabe, die wirtschaftlichen, sozialen, beruflichen und kulturellen Interessen der Mitglieder zu fördern. Sie bekennt sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und setzt sich für die Sicherung und den Ausbau des sozialen Rechtsstaates und die weitere Demokratisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung und den Schutz der natürlichen Umwelt zur Sicherung der Existenz der Menschheit ein … Aufgaben und Ziele der IG Metall sind insbesondere … die Erringung und Sicherung des Mitbestimmungsrechtes der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb und Unternehmen und im gesamt-wirtschaftlichen Bereich durch Errichtung von Wirtschafts- und Sozialräten; Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum.“

Die Reaktion der Betriebsratsvorsitzenden von BMW und Daimler, die SPD sei nach der Aussage von Kühnert „für Arbeitnehmer nicht mehr wählbar“ ist eine unglaubliche Entgleisung, Geschichtsvergessenheit, ein Affront gegen die Gewerkschaft und gegen ihre eigene Basis. Es ist noch keine zwei Jahre her (31.7.2017), da haben auch diese beiden hochbezahlten Co-Manager eine gemeinsame Erklärung von IG Metall und Betriebsräten der Autoindustrie unterzeichnet.

Wir – die IG Metall und die Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der großen Automobilhersteller und Zulieferunternehmen – verlangen deshalb schon seit Langem, dass die realen Verbrauchs- und Emissionswerte benannt und zum Ausgangspunkt für Verbesserungen gemacht werden. Notwendig ist eine Transparenzoffensive durch die Unternehmen und ihre Verbände. Wir sehen dies als Voraussetzung, um sich gemeinsam der Bewältigung der anstehenden Zukunftsfragen widmen zu können. Das darf nicht dazu führen, überfällige Maßnahmen zur Absenkung der Luftbelastung durch Stickoxide und CO2 zu verzögern. Auch hierzu muss die Automobilindustrie Beiträge liefern. Dazu gehört … die Nutzung technologischer Digitalisierungsoptionen von Fahrzeugen und Verkehrssystemen einschließlich der Mobilitätskonzepte für ökologische Nachhaltigkeit.

Die Komplexität und die Tragweite dieser Veränderung verlangt ein koordiniertes und abgestimmtes Handeln der beteiligten Akteure – Unternehmen, Politik, Gewerkschaften, Verbände –, um der gemeinsamen Verantwortung gegenüber Verbrauchern und Beschäftigten gerecht zu werden.“

Diese Erklärung könnte Ausgangspunkt für einen Branchenrat sein, einen Wirtschafts- und Sozialrat, der Ort für demokratische Beratung und Entscheidung zur Mobilitätswende, zur sozial-ökologischen Transformation, wenn Verbraucher-, Verkehrs- und Umweltverbände einbezogen würden; könnte sein. Aber seit dieser Erklärung hat sich in diese Richtung nichts bewegt – die Gewerkschaft selber gibt sich mit ihrem Platz am Katzentisch der „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“ zufrieden und lobt deren Nichtergebnisse.
Abschließend heißt es in der genannten Erklärung:

„Für den Diesel-Gipfel reichen Verabredungen zur Nachbesserung der Bestandsflotte an Dieselfahrzeugen nicht aus. Erforderlich ist es, parallel weitere Maßnahmen schnell auf den Weg zu bringen. Diese müssen (u.a.) auf einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs zielen.“

Auf einem toten Planeten gibt es keine Jobs

Die IG Metall hat ca. 2,3 Millionen Mitglieder, etwa 1 Millionen im Maschinenbau, etwa 600.00 in der Auto- und Zulieferindustrie und ca. 200.000 in der Bahn- und Zulieferindustrie. Nimmt man die Beschäftigten bei den Bahnbetrieben hinzu, sind es mehr als in der Autoindustrie. Es gibt keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass eine Mobilitätswende mit einer Stärkung von Bahnindustrie und Schienenverkehr die erwünschte Verringerung von Produktion und Beschäftigung in der Autoindustrie nicht auffangen könnte – verbunden mit einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung gäbe es also überhaupt kein Beschäftigungsproblem.

Die IG Metall ist auch an dieser Stelle widersprüchlich und uneindeutig. Sie macht um die eigentlich nicht umgehbare Machtfrage einen riesigen Bogen, obwohl die Autokonzerne diese Machtfrage täglich wieder auf die Tagesordnung setzen und in ihrem Sinne klären.

Die Widersprüchlichkeit der Gewerkschaft wird sichtbar daran, dass sie zugleich die Organisation derjenigen ist, die in der Bahnindustrie beschäftigt sind: Im November 2017 führte die IG Metall einen Bahnaktionstag durch, verabschiedeten die Betriebsräte der Bahnindustrie eine Erklärung, in der es u.a. heißt:

Wir wissen, dass die integrierte Mobilität der Zukunft eine starke Schiene braucht. Eine starke Schiene gewährleistet Mobilität und schützt Klima sowie Gesundheit. Wir – die Betriebsräte der deutschen Bahnindustrie – bringen uns aktiv in die Gestaltung unserer Branche ein. Wir setzen auf eine Offensive zur Sicherung und Stärkung unserer Arbeitsplätze, Standorte und Wertschöpfungsketten. Wir erwarten die Einführung eines Branchendialogs für Eisenbahn und Bahnindustrie mit Politik, Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Forschung, um Transparenz zu schaffen und Branchenstrategien zu klären.

Wieder findet sich hier die richtige Forderung nach einem Branchendialog, ohne dass die IG Metall eine andere betroffene Gewerkschaft einbezogen und diesen Dialog durch politische und öffentlichkeitswirksame Initiativen vorangetrieben hätte.

Vergesellschaftung der Schlüsselindustrie

„Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum“ – so die aus historischen Erfahrungen heraus gefasste Position der IG Metall, die in den Grundgesetzartikeln 14 und 15 ihre Entsprechung findet. Zweifellos sind – nach der Verlagerung von Textil-, Uhren- und Unterhaltungselektronik-Industrie, nach der Schließung des Steinkohlebergbaues und nach fast vollständiger Abwicklung der Stahlindustrie – die Herstellung und der Vertrieb von Kraftfahrzeugen die Schlüsselindustrie unseres Landes. Mit andauernden massiven Subventionen und keynesianischen Programmen in jeder schwierigen Lage (z.B. die sogenannte „Abwrackprämie“) bis hin zur staatlichen Beteiligung (Opel) wird die Autoindustrie von den Regierungen gepampert.

Andererseits machen die Großaktionäre, die Familien Porsche, Piëch, Quandt und Klatten, die Staatsfonds solch reaktionärer Staaten wie Katar und Kuweit, solch eine „Weltmacht“ wie BlackRock, dessen Aufsichtsratsvorsitzender der CDU-Politiker Friedrich Merz ist, Milliarden-Gewinne: Die BMW-Eigner werden täglich um 5,5 Millionen Euro reicher, der Porsche-Piëch-Clan bekommt dieses Jahr zwei Milliarden Euro Dividende überwiesen und Volkswagen hat dann immer noch eine „Gewinnrücklage“ von über 70 Milliarden Euro; die 30 Milliarden Euro Strafen und Kosten für den gigantischen Abgasbetrug sind da schon abgezogen.

Nehmen wir wieder das Beispiel Volkswagen, das nach 1945 ein „herrenloses“ Unternehmen war, weil die vormaligen Eigentümer als verbrecherische Nazi-Organisation aufgelöst waren. Fünfzehn Jahre später wurde aus dem öffentlichen Eigentum eine Aktiengesellschaft mit den ersten „Volksaktien“, zwanzig Jahre später verscherbelte die Bundesregierung ihre letzten Anteile am Unternehmen, und wieder drei Jahrzehnte später sind auf wundersame Weise die Erben des von den Nazis beauftragten Ferdinand Porsche die Mehrheitseigentümer am weltgrößten Automobilkonzern. Man kann das auch als eine Geschichte der Enteignung schreiben. So gesehen geht es um eine Re-Vergesellschaftung, um, wie es Marx ausdrücken würde, die Expropriation der Expropriateure.

Gesellschaftliche Planung einer sozial-ökologischen Mobilitätswende

Der fortschreitende Konzentrationsprozess in der Weltautomobilindustrie, die wachsende Arbeitsteilung und die zunehmende gesellschaftliche Produktion, die dringend nötige sozial-ökologische Mobilitätswende erfordern eine gesellschaftliche Planung. Die bisherige konkurrenzgetriebene Strategie und Orientierung nur auf Maximalprofite, die kriminellen Machenschaften der oberen Managerkaste von Kartellbildung über Abgasbetrug bis hin zu Steuerhinterziehung, der Missbrauch ökonomischer Macht erfordern eine Überführung der Autoindustrie in gemeinwirtschaftliche Formen. Mit Krisenkorporatismus seitens der Gewerkschaft ist den absehbaren sozialen, ökologischen und ökonomischen Problemen nicht beizukommen, sind die Widersprüche zwischen Verwertungs- und Profitinteressen einerseits und den Bedürfnissen der Menschen andererseits nicht auflösbar. Die Konkurrenz zwischen den Branchengewerkschaften müsste durch eine Stärkung des DGB aufgehoben werden, um gesamtgesellschaftliche Alternativen mit geeinter gewerkschaftlicher Kraft zum Durchbruch zu verhelfen.

Die notwendige Debatte um die Mobilitätswende und die sozialen, ökologischen, technischen, ökonomischen und juristischen Implikationen wurde nach zwei Jahrzehnten weitgehendem diskursiven Stillstand wieder aufgegriffen und wird in der IG Metall, im Gesprächskreis „Zukunft Auto Umwelt Mobilität“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung ebenso geführt wie bei Attac und in den Umwelt- und Verkehrsverbänden. Wie die Aktionen und Proteste bei den Aktionärsversammlungen von Volkswagen und Daimler gezeigt haben, wie die angekündigten Proteste bei der IAA zeigen werden, geht es nicht nur um Theorie, sondern um praktische politische Bewegung, um die Konfrontation der Gesellschaft mit den sozial-ökologischen Alternativen zur profit- und konkurrenzgetriebenen Zerstörung unserer natürlichen und gesellschaftlichen Existenzgrundlagen.

https://www.isw-muenchen.de/2019/05/gewerkschaften-klimawandel-und-mobilitaetswende/

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