Vor 16 Monaten wurde der millionenfache Abgasbetrug durch Volkswagen durch die US-Umweltbehörde öffentlich gemacht. Elf Millionen Fahrzeuge erfüllen nur auf dem Prüfstand die Abgasnormen, im Normalbetrieb blasen sie ein Vielfaches des Giftes in unsere Umwelt. Die Gesundheit der Menschen wird dadurch schwer geschädigt. Zugleich wurden und werden die Steuerbehörden um erhebliche Einnahmen betrogen, weil die Berechnung der Abgaben auf Basis der gefälschten Werte erfolgte.
Im August 2015 vergoss der damalige VW-Vorstandschef Martin Winterkorn Krokodilstränen und kündigte schnelle und »rückhaltlose« Aufklärung an. Nachfolger Matthias Müller bat um Verzeihung, nicht nur in den USA. Er kündigte schnelle technische Lösungen an. Man ermittle »auf Hochtouren«, sagte ein VW-Sprecher im September 2015.
Mehr als ein Jahr später gibt es weder Aufklärung noch technische Lösungen. Der Bericht einer internen Prüfung wird auf unbestimmte Zeit zurückgehalten – weil »mit einer Veröffentlichung zum gegenwärtigen Zeitpunkt unvertretbare Risiken für Volkswagen verbunden wären«, wie der Konzern am 22. April nach einer Aufsichtsratssitzung mitteilte. Man ahnt, was drinstehen könnte. Auf der Aktionärsversammlung im Juni dieses Jahres sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch, früher Finanzvorstand des Konzerns und nahezu zeitgleich mit seiner Kür zum Chef des Kontrollgremiums Ende 2015 auch zum Vorstandsvorsitzenden der Porsche Automobilholding berufen, die Veröffentlichung dürfe »die Aufklärung nicht behindern«.
Gegen die Konzernspitze um Pötsch, Müller, Herbert Diess und 20 weitere Manager laufen inzwischen Ermittlungsverfahren der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Die US-Behörden sprechen wegen verschwundener E- Mails, verlorener Smartphones, gelöschter Dateien und vernichteter Akten von »Verschwörung« bei Volkswagen.
In Berlin beschäftigt sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit der Rolle der Bundesregierung, des Verkehrsministers und nachgeordneter Behörden wie dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) sowie der Umweltminister der Länder bei dem gigantischen Betrug. Von zuviel Einfluss der Autolobby will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) jedoch nichts wissen. Vor dem Bundestagsausschuss behauptete er am 15. Dezember: »Dass das größte Unternehmen der Welt mit krimineller Energie vorgeht, hätte ich nicht für möglich gehalten.« Von den illegalen Praktiken habe er erst aus der Presse erfahren. Begriffe wie »Abschalteinrichtungen« zur Deaktivierung des Emissionskontrollsystems habe er vor dem Skandal auch in Gesprächen mit Experten nie gehört.
Dabei geht die Schere bezüglich tatsächlichem Kraftstoffverbrauch und Schadstoffemissionen und den Angaben in den Verkaufsprospekten seit vielen Jahren immer weiter auseinander, Umweltverbände kritisierten dies lange vor den Sanktionen der US-Behörden. Gabriel hatte diese Kritik jedoch als »nicht belastbar« eingestuft.
Inzwischen ist auch die EU-Kommission der Ansicht, dass die deutschen Behörden offensichtliche Verstöße der Automobilindustrie gegen Gesetze und Verordnungen dulden und geduldet haben. Die Bundesrepublik habe die Fahrzeughersteller entgegen nationalem Recht nicht mit Strafen belegt und halte technische Daten zurück, begründete die Behörde am 8. Dezember die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. Zudem bemängelte Brüssel, dass VW für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bis heute in der Bundesrepublik nicht bestraft wurde.
Recherchen von Journalisten belegten zudem, dass die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) installierte und mit Mitarbeitern seines Hauses und des KBA besetzte Volkswagen-Untersuchungskommission keineswegs unabhängig war. Deren Bericht wurde mit der Autoindustrie besprochen und um wesentliche Passagen reduziert, wie unter anderem Spiegel online im November berichtete.
Der Betrug kommt die Beschäftigten bei Volkswagen teuer zu stehen: Auf Verkaufsstopps in vielen Ländern und sinkenden Absatz wurde mit Personalabbau und Kurzarbeit reagiert. Strafzahlungen sowie die Kosten für Rückrufaktionen und Nachrüstung summieren sich inzwischen auf mehr als 20 Milliarden Euro. Selbst für einen Weltkonzern wie Volkswagen ist das eine schmerzvolle Summe, die für Forschung und Entwicklung nicht zur Verfügung steht. Das Management setzt derweil weiter auf Wachstum und Marktanteilsgewinne. Wenn diese waghalsige Strategie nicht aufgeht, ist der Schritt in den Abgrund getan. Die Umsetzung von Programmen zur Entwicklung von Elektrofahrzeugen, zur Digitalisierung und zu »Mobilitätspartnerschaften« mit den Städten Hamburg, Dresden und Wolfsburg werden erst in ein paar Jahren wirksam. In der Zwischenzeit werden die Zulassungsstatistiken durch Eigenzulassungen, Händlerzulassungen und teure Rabattaktionen geschönt.
Kein Thema sind für das Management etwa der Verkauf der Rüstungssparte von MAN oder der Fabriken von Lamborghini und Bugatti. Zugleich streichen die Haupteigentümer weiter fette Dividenden ein: Der Porsche-Piëch-Clan und die Scheichs des Terrorstaates Katar kassieren weiter Milliarden, wovon ein Teil dem millionenfachen Betrug entspringt.
Für 2016 hatte die Porsche SE eine Dividendenzahlung aus ihrer Beteiligung an VW geplant, das ist in deren Geschäftsbericht für 2015 nachzulesen. Wie jeder Hehler müsste Porsche gezwungen werden, diese Betrugsdividende zurückzuzahlen, Artikel 14/15 des Grundgesetzes böte die Möglichkeit zu solchen Maßnahmen.
Der VW-Vorstand weigert sich unterdessen auch nach der Ankündigung vom 18. November, weltweit bis zu 30.000 Stellen, davon 23.000 allein in Deutschland, abzubauen, auch nur einen Teil seiner Millionenboni zurückzuzahlen. Der frühere VW-Chef Martin Winterkorn war 2014 mit fast 16 Millionen Euro Topverdiener unter den Vorständen der Dax-Konzerne gewesen, nur ein Zehntel davon war sein Fixgehalt. Bislang hat das Management lediglich das Zugeständnis gemacht, dass 30 Prozent der Sonderzahlungen in Wertpapiere umgewandelt werden. Nach drei Jahren soll geprüft werden, wie sich der Aktienkurs entwickelt hat. Liegt er auch nur um ein Viertel über dem Krisenniveau, sollen die Boni ausgezahlt werden.
Im August 2015 vergoss der damalige VW-Vorstandschef Martin Winterkorn Krokodilstränen und kündigte schnelle und »rückhaltlose« Aufklärung an. Nachfolger Matthias Müller bat um Verzeihung, nicht nur in den USA. Er kündigte schnelle technische Lösungen an. Man ermittle »auf Hochtouren«, sagte ein VW-Sprecher im September 2015.
Mehr als ein Jahr später gibt es weder Aufklärung noch technische Lösungen. Der Bericht einer internen Prüfung wird auf unbestimmte Zeit zurückgehalten – weil »mit einer Veröffentlichung zum gegenwärtigen Zeitpunkt unvertretbare Risiken für Volkswagen verbunden wären«, wie der Konzern am 22. April nach einer Aufsichtsratssitzung mitteilte. Man ahnt, was drinstehen könnte. Auf der Aktionärsversammlung im Juni dieses Jahres sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch, früher Finanzvorstand des Konzerns und nahezu zeitgleich mit seiner Kür zum Chef des Kontrollgremiums Ende 2015 auch zum Vorstandsvorsitzenden der Porsche Automobilholding berufen, die Veröffentlichung dürfe »die Aufklärung nicht behindern«.
Gegen die Konzernspitze um Pötsch, Müller, Herbert Diess und 20 weitere Manager laufen inzwischen Ermittlungsverfahren der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Die US-Behörden sprechen wegen verschwundener E- Mails, verlorener Smartphones, gelöschter Dateien und vernichteter Akten von »Verschwörung« bei Volkswagen.
In Berlin beschäftigt sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit der Rolle der Bundesregierung, des Verkehrsministers und nachgeordneter Behörden wie dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) sowie der Umweltminister der Länder bei dem gigantischen Betrug. Von zuviel Einfluss der Autolobby will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) jedoch nichts wissen. Vor dem Bundestagsausschuss behauptete er am 15. Dezember: »Dass das größte Unternehmen der Welt mit krimineller Energie vorgeht, hätte ich nicht für möglich gehalten.« Von den illegalen Praktiken habe er erst aus der Presse erfahren. Begriffe wie »Abschalteinrichtungen« zur Deaktivierung des Emissionskontrollsystems habe er vor dem Skandal auch in Gesprächen mit Experten nie gehört.
Dabei geht die Schere bezüglich tatsächlichem Kraftstoffverbrauch und Schadstoffemissionen und den Angaben in den Verkaufsprospekten seit vielen Jahren immer weiter auseinander, Umweltverbände kritisierten dies lange vor den Sanktionen der US-Behörden. Gabriel hatte diese Kritik jedoch als »nicht belastbar« eingestuft.
Inzwischen ist auch die EU-Kommission der Ansicht, dass die deutschen Behörden offensichtliche Verstöße der Automobilindustrie gegen Gesetze und Verordnungen dulden und geduldet haben. Die Bundesrepublik habe die Fahrzeughersteller entgegen nationalem Recht nicht mit Strafen belegt und halte technische Daten zurück, begründete die Behörde am 8. Dezember die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. Zudem bemängelte Brüssel, dass VW für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bis heute in der Bundesrepublik nicht bestraft wurde.
Recherchen von Journalisten belegten zudem, dass die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) installierte und mit Mitarbeitern seines Hauses und des KBA besetzte Volkswagen-Untersuchungskommission keineswegs unabhängig war. Deren Bericht wurde mit der Autoindustrie besprochen und um wesentliche Passagen reduziert, wie unter anderem Spiegel online im November berichtete.
Der Betrug kommt die Beschäftigten bei Volkswagen teuer zu stehen: Auf Verkaufsstopps in vielen Ländern und sinkenden Absatz wurde mit Personalabbau und Kurzarbeit reagiert. Strafzahlungen sowie die Kosten für Rückrufaktionen und Nachrüstung summieren sich inzwischen auf mehr als 20 Milliarden Euro. Selbst für einen Weltkonzern wie Volkswagen ist das eine schmerzvolle Summe, die für Forschung und Entwicklung nicht zur Verfügung steht. Das Management setzt derweil weiter auf Wachstum und Marktanteilsgewinne. Wenn diese waghalsige Strategie nicht aufgeht, ist der Schritt in den Abgrund getan. Die Umsetzung von Programmen zur Entwicklung von Elektrofahrzeugen, zur Digitalisierung und zu »Mobilitätspartnerschaften« mit den Städten Hamburg, Dresden und Wolfsburg werden erst in ein paar Jahren wirksam. In der Zwischenzeit werden die Zulassungsstatistiken durch Eigenzulassungen, Händlerzulassungen und teure Rabattaktionen geschönt.
Kein Thema sind für das Management etwa der Verkauf der Rüstungssparte von MAN oder der Fabriken von Lamborghini und Bugatti. Zugleich streichen die Haupteigentümer weiter fette Dividenden ein: Der Porsche-Piëch-Clan und die Scheichs des Terrorstaates Katar kassieren weiter Milliarden, wovon ein Teil dem millionenfachen Betrug entspringt.
Für 2016 hatte die Porsche SE eine Dividendenzahlung aus ihrer Beteiligung an VW geplant, das ist in deren Geschäftsbericht für 2015 nachzulesen. Wie jeder Hehler müsste Porsche gezwungen werden, diese Betrugsdividende zurückzuzahlen, Artikel 14/15 des Grundgesetzes böte die Möglichkeit zu solchen Maßnahmen.
Der VW-Vorstand weigert sich unterdessen auch nach der Ankündigung vom 18. November, weltweit bis zu 30.000 Stellen, davon 23.000 allein in Deutschland, abzubauen, auch nur einen Teil seiner Millionenboni zurückzuzahlen. Der frühere VW-Chef Martin Winterkorn war 2014 mit fast 16 Millionen Euro Topverdiener unter den Vorständen der Dax-Konzerne gewesen, nur ein Zehntel davon war sein Fixgehalt. Bislang hat das Management lediglich das Zugeständnis gemacht, dass 30 Prozent der Sonderzahlungen in Wertpapiere umgewandelt werden. Nach drei Jahren soll geprüft werden, wie sich der Aktienkurs entwickelt hat. Liegt er auch nur um ein Viertel über dem Krisenniveau, sollen die Boni ausgezahlt werden.
VW vor dem Abgrund