Wechsel im Volkswagen-Betriebsrat – Osterloh wird Personalvorstand der Traton SE

Osterloh vom Betriebsratschef zum Personalchef in der LKW-Sparte –  erstmals wird mit Daniela Cavallo eine Frau Vorsitzende des Gesamt- und Konternbetriebsrates im VW-Konzern.

Überraschend für die Beschäftigten bei Volkswagen wurde am Freitag, 23.4. bekanntgegeben, dass Bernd Osterloh sein Mandat als Betriebsratsvorsitzender aufgibt und Personalvorstand in der Traton SE (europäische Aktiengesellschaft, zu Traton gehören MAN, Scania und die brasiliansiche Volkswagen Caminhões e Ônibus, Übernahmeverhandlungen laufen mit dem US-Unternehmen Navistar), der an der Börse platzierten LKW-Sparte von Volkswagen, wird.

Im Sommer letzten Jahres hatte der 64-jährige Osterloh angekündigt, nochmals die Liste der IG Metall zur bevorstehenden Betriebsratswahl im kommenden Jahr anführen zu wollen. Seit dem unrühmlichen Abgang seines Vorgängers Klaus Volkert im Jahr 2005 stand Osterloh dem Gremium vor und war in dieser Funktion auch Mitglied im Aufsichtsrat des Konzerns. In einer Pressemitteilung des Betriebsrates heißt es:Wechsel an den Spitzen des Betriebsrats bei Volkswagen – Osterloh gibt alle Funktionen ab, Cavallo übernimmt sie.“ Daniela Cavallo (46 Jahre alt) wurde als Tochter italienischer Einwanderer, damals „Gastarbeiter“, in Wolfsburg geboren, hat eine Ausbildung bei Volkswagen absolviert und sich schon in der Jugend- und Auszubildendenvertretung engagiert. Seit fast 20 Jahren ist sie Mitglied des Betriebsrates und seit 2019 auch die stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende.

Osterlohs Erbe war nicht einfach, seine Zeit als Vorsitzender war durch den Skandal um seinen Vorgänger Volkert, durch den Abgasbetrug, die Übernahmeschlacht durch Porsche und den Kampf um den Erhalt des VW-Gesetzes geprägt. Nun schreibt Osterloh in einem Brief an die Belegschaft, dass die von ihm gewünschte rechtzeitige, geordnete und nachhaltige Staffelübergabe jetzt umgesetzt würde mit Blick auf die Betriebsrats- und Aufsichtsratswahlen im kommenden Jahr. „Ja, ich habe viel geopfert. Aber nein, ich habe nie gezweifelt, dass es das immer wert war.“

Bei Osterlohs Schritt spielte offensichtlich eine Rolle, dass die Unternehmensseite ihm das Angebot gemacht hat, bei der Traton SE Vorstandsmitglieds für den Bereich Personal zu werden. Ein Posten, der mit etwa 2 Millionen Euro pro Jahr vergütet wird. Bisher wurde die Funktion Personal

von anderen Vorstandsmitgliedern „mitgemacht“, seit einem Jahr war sie vakant. Osterloh zu seinem Wechsel: „Traton spielt eine Schlüsselrolle in der Strategie des Volkswagen-Konzerns für die kommenden Jahre. Ich gehe dort in die operative Personalverantwortung für weltweit fast 100.000 Beschäftigte. Ich will noch einmal unternehmerisch gestalten und in den nächsten Jahren mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass die LKW-Sparte ihren Weg zu einem ‚Global Champion‘ in der Nutzfahrzeugbranche erfolgreich meistert.“ Für Beobachter ist es so ein Seitenwechsel natürlich anrüchig unter anderem deshalb, weil Osterloh Vorstandsmitglied in dem Unternehmen wird, dessen Aufsichtsrat er neben Julia Kuhn-Piëch und Christian Porsche selbst bisher als Arbeitnehmervertreter angehörte. Die niedersächsische IG Metall erklärt: Die Entscheidung Bernd Osterlohs den Weg an der Spitze der Arbeitnehmervertretung bei Volkswagen frei zu machen, ermöglicht frühzeitig und mit Weitsicht die Nachfolge im Betriebsrat zu organisieren.“

Traton legt die Latte für den neuen Personalchef recht hoch: „Der Aufsichtsrat ist überzeugt, dass Bernd Osterloh mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Volkswagen-Konzern genau die richtige Besetzung ist, um die anstehenden Aufgaben weiter voranzutreiben … zuvorderst bei der fortlaufenden Restrukturierung und künftigen Ausrichtung von MAN.“ Das meint unter anderem einen Personalabbau von mehr ca. 10 Prozent der 80.000 Beschäftigten, den Verkauf des Werkes in Plauen und die Schließung des österreichischen MAN-Werkes in Steyr. Insbesondere in Steyr weht dem dem neuen Personalvorstand ein heftiger Wind entgegen: Dort fand am 26. März eine Betriebsversammlung statt, bei der die 2.200-köpfige Belegschaft sich mit zwei Dritteln gegen den Verkauf an den Ex-MAGNA-Chef Siegfried Wolf und die Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen ausgesprochen hat. Wolf wollte mit seiner WSA Beteiligungs GmbH ein Drittel des Personals abbauen und dem Rest der Belegschaft den Lohn um ein Sechstel kürzen. Der bisherige Betriebsratsvorsitzende Erich Schwarz wurde am Tag der Abstimmung vom Management mit einem Betretungsverbot belegt: „Das telefonisch ausgesprochene Betretungsverbot ist ein unwürdiges Schauspiel. Erich Schwarz hat als Betriebsrat jahrzehntelang um den Standort gekämpft, sich für die Beschäftigten und für den Erhalt des Werkes eingesetzt“, sagt Rainer Wimmer, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft PRO-GE. Nach der Abstimmung der Belegschaft hat MAN angekündigt, die Schließungspläne weiter zu verfolgen – eine erste Bewährungsprobe für den neuen Personalvorstand.

Bei einem Workshop der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Betriebsräten aus der VW AG am Vorabend des Wechsels von Osterloh hat dieser sich positiv zur Aufgabe einer Mobilitätswende geäußert. Mit vielen kleinen agilen und smarten Bussen könnte Volkswagen dazu einen Beitrag leisten – so die weitere Bewährungsprobe für den ehemaligen Arbeiterführer.

https://www.jungewelt.de/artikel/401221.gewerkschafter-h%C3%A4lt-die-hand-auf-genosse-der-bosse.html

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert