Automobilindustrie und Transformation – aus Sicht von Beschäftigten

Sieben Beobachtungen aus Feldinterviews zum sozial-ökologischen Umbau der Mobilität.

Die globale Automobilindustrie steckt in tiefgreifenden Strukturveränderungen. Die Entwicklung wird getrieben von einem komplexen Mix aus sich rasant veränderten globalen Marktbedürfnissen, politischem Druck nach Reduzierung der Schadstoff-Emissionen sowie einer wachsenden gesellschaftlichen Kritik am automobilzentrierten Verkehrs- und Stadtentwicklungsmodell.

Diese Situation stellt Automobilarbeitergewerkschaften weltweit vor schwere Bewährungsproben – insbesondere auch die deutsche IG Metall. Unterschiedlichen Szenarien zufolge könnte die Transformation der Automobilindustrie in Deutschland mit einem Verlust von 100.000 bis 450.000 Arbeitsplätzen einhergehen (bei insgesamt 820.000 Beschäftigten, inklusive Zulieferindustrie). Der IG Metall, die die Hochburg ihrer Organisationsmacht in den Werken der großen deutschen Automobilkonzerne Volkswagen, Daimler und BMW hat, droht durch diese Entwicklung ein gewaltiger Mitgliederschwund und ein noch größerer tarif- und gesellschaftspolitischer Bedeutungsverlust.
Tatsächlich ist das, was die Beschäftigten der Automobilindustrie selbst über Klimapolitik, Transformation und Verkehrswende denken, in der öffentlichen Debatte ein blinder Fleck. Dieser Artikel will helfen, diese Leerstelle zu füllen. Er basiert auf ersten Ergebnissen einer noch laufenden Studie zur sozial-ökologischen Mobilitätswende. Die Autoren Jörn Boewe, Stephan Krull und Johannes Schulten erforschen im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Sicht von gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten auf Themen wie Klimapolitik, Transformation und Verkehrswende. Die qualitative Erhebung ist noch nicht abgeschlossen. Bisher wurden 30 Interviews mit Beschäftigten unterschiedlicher verkehrsmittelprozierender Unternehmen geführt, darunter OEMs der Automobilindustrie, Zulieferer und Ausrüster, aber auch Bus- , LKW- und Schienenfahrzeugproduzenten.
Alles in allem zeigt sich nach dem Eindruck der Autoren, dass es möglich und lohnend ist, mit den Beschäftigten in der Automobilindustrie – insbesondere mit der gewerkschaftlichen Basis in den Betrieben – in produktive Diskussionen um einen sozial-ökologische Mobilitätswende einzusteigen. Man sollte sich allerdings darüber klar sein, dass es dabei darum geht, «dicke Bretter zu bohren» (Candeias/Krull 2020). Und: Um eine Chance zu haben, dass dies gelingt, müssen sich nicht nur die Automobilarbeiter*innen bewegen – auch DIE LINKE, muss die Art und Weise ihrer politischen Interaktion und Kommunikation überdenken. Wenn beide Seiten zu einem echten Dialog bereit sind, muss ein gesellschaftliches Bündnis für einen «Green New Deal» keine ferne Utopie bleiben.
Hier der Text:
„Wo ist die Ladestation? Beim Aldi! Sieben Beobachtungen aus Feldinterviews zum sozial-ökologischen Umbau der Mobilität“
Mehr zum Thema Mobilität und Transformation: https://www.rosalux.de/dossiers/spurwechsel

 

 

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