Autoindustrie: Krise oder keine Krise?

Schon oft wurde der Autoindustrie ihre finale Krise vorhergesagt – jedoch sind die Autokonzerne bisher immer gestärkt aus jeder Krise hervorgegangen; nicht alle Unternehmen und nicht alle Beschäftigten im Zuge von Konzentration und Produktivitätssteigerungen, aber Produktion, Absatz und Profite stiegen. Die Autohersteller und große Zulieferkonzerne wurden „to big to fail“, dominieren kleine Länder wie die Slowakei vollständig und diktieren auch in größeren Ländern wie Deutschland, Mexiko und den USA in ganz unakzeptabler Weise die Mobilitätspolitik. Ein wesentlicher Grund für diese Art Krisenbewältigung ist die Erfindung neuer Fahrzeugtypen (SUV, jetzt E-Autos), die Versperrung oder Okkupation des öffentlichen Verkehrs und die großflächige Marktöffnung und Markteroberung in Südamerika, in China und anderen asiatischen Ländern und demnächst eventuell auf dem afrikanischen Kontinent.

Oberflächlich ist zu konstatieren, dass von einer Krise gerade kaum die Rede sein kann: Die Auftragsbücher sind voll, die Beschäftigten schieben Überstunden und der Rubel rollt in die Kassen der Aktionäre. Die Autokonzerne schwimmen im Geld und bemühen sich erfolgreich um weitere Subventionen.

Es wird erforderlich, den Charakter der Krise genauer zu beschreiben durch eine Differenzierung von Segmenten (Luxusfahrzeuge und Gebrauchsfahrzeuge), durch eine Unterscheidung zwischen konjunktureller und struktureller Krise, durch Benennung von Krisengewinnern und Krisenverlierern sowie durch regionale Differenzierungen. Weitere Untersuchungsgegenstände müssen das verändertes Mobilitätsverhalten zwischen Mobilitätszwängen, Mobilitätsbedürfnissen und Modalsplit sein, zwischen den Generationen, zwischen urbaner und suburbaner Bevölkerung sowie die Ressourcen-Verfügbarkeit auf der einen Seite und klimazerstörerische Emissionen auf der anderen Seite. Schließlich ist die Technologieentwicklung offen, die Unternehmen spekulieren mit sehr aufwändigen und teuren Suchbewegungen auch in „neuen Geschäftsfeldern“, mit denen sie Milliarden an einer anderen Form von Mobilität erwirtschaften wollen. Ein riesiges Bündel von Problemen ist zu entwirren, um adäquate Antworten auf die unterschiedlichen Herausforderungen zu finden.

Aber: Immer weniger Konzerne teilen sich den Kuchen, der zumindest im Moment nicht größer wird. Die Weltautomobilindustrie stagniert auf hohem Niveau. Die Konzentration von Geld und Macht ist unübersehbar.

Und vielleicht sind die jüngsten Verkaufszahlen von BMW und Volkswagen ja doch ein Menetekel: BMW hat von seinen Volumenmodellen (BMW 2er bis 7er) zwischen minus 10 bis minus 17 Prozent im letzten Jahr verkauft. Und der Absatz der Marken des Volkswagen-Konzerns ist im ersten Quartal 2019 um 3 Prozent (Skoda), um 5 Prozent (VW), um 6 Prozent (Audi) und um 12 Prozent (Porsche) zurückgegangen. Mit Beginn des zweiten Quartals hat sich der Abwärtstrend noch erheblich beschleunigt, eine Ende dieser Entwicklung ist im Moment nicht absehbar. Der Krieg der Autokonzerne wird, wie immer, auf dem Rücken der Beschäftigten in der Wertschöpfungskette ausgetragen, auch daran zu erkennen, dass kleinere Betriebe der Zulieferindustrie in die Insolvenz gehen und größere Unternehmen wie Leoni, ZF oder Bosch ernsthafte Probleme haben und einige Produktionsstätten massiv von Personalabbau und Schließung betroffen sind.

Höchste Zeit, dass in unserer Gesellschaft die Debatte um Krise, Mobilitätswende und sozial-ökologischer Transformation mit Konsequenzen geführt wird – auch und gerade im Interesse der Beschäftigten und ihrer Familien.

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