100 Jahre 8-Stunden-Tag – Wege entstehen im Gehen!

 

Die Revolution im November 1918, der Aufstand von Matrosen, kriegsmüden Soldaten, von Arbeiterinnen und Arbeiter führte zum Ende des Krieges. Kaiser, Könige und Fürsten dankten ab, unterschrieben den Arbeiter- und Soldatenräten, dass sie für sich und ihre Erben auf Thron, Titel und Privilegien verzichten. Die neue Regierung in Berlin, der „Rat der Volksbeauftragten“, verkündete am 12. November 1918 die Elemente der neuen politischen Ordnung: Die Einführung eines gleichen, geheimen, direkten und allgemeinen Wahlrechtes einschließlich des Frauenwahlrechtes; die Zensur, der Belagerungszustand, die Gesindeordnung wurden aufgehoben, eine Amnestie für politische Straftaten erlassen. „Als Folge der Revolution wurde mit dem Aufruf des Rates der Volksbeauftragten vom 12. November die Arbeitszeit zum 1. Januar 1919 für alle Arbeitnehmer auf acht Stunden pro Tag begrenzt. Auch in dem am 15. November unterzeichneten Abkommen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften (Stinnes-Legien-Abkommen) wurde vereinbart, die Arbeitszeit – unter Garantie des vollen Lohnausgleichs – auf acht Stunden pro Tag zu verkürzen.[1]“ Damit wurde der die Klassenwidersprüche ignorierende „Burgrieden“ teils durch „Sozialpartnerschaft“ ersetzt. Die Revolution wurde unfriedlich, als Weißgardisten, Monarchisten, Nationalisten, Großbürger und einige führende Sozialdemokraten die Waffen gegen diejenigen richteten, die ein demokratisch-sozialistisches  Programm umsetzen wollten: Die Revolution erstickte im Blut, Karl Liebknecht und Rosa-Luxemburg wurden heimtückisch ermordet. Der 8-Stunden-Arbeitstag blieb ein Sieg im langen Kampf[2] um eines der zentralen Elemente des Konfliktes zwischen Kapital und Arbeit; er bleibt den Unternehmern ein verhasstes Symbol der Revolution.

Seither versuchen Arbeitgeber, den 8-Stunden-Tag auszuhebeln – heute mit dem Argument der Globalisierung, Digitalisierung und Flexibilisierung; dass sie dabei auch von „Freiheit“ sprechen, ist keine Konzession an Eigensinn und  Autonomiebestrebungen der Menschen, sondern die Vereinnahmung realer Bedürfnisse der Vereinbarkeit von Leben und Arbeiten für die betriebliche Flexibilisierung. Das gilt in einer Zeit, in der das Normalarbeitsverhältnis durch Erwerbslosigkeit, unfreiwillige Teilzeitarbeit, Leiharbeit, Werkverträge und erzwungene Solo- und Scheinselbständigkeit derartig erodiert, dass es nicht mehr als „normal“ in der Gesellschaft erscheint.

Kurze Geschichte der Arbeitszeit

Anfang der 1920er Jahre gelang den Arbeitgebern mit dem Argument der großen Nachfrage, die Arbeitszeit zu verlängern. Allerdings konnten Gewerkschaften in Tarifverträgen Urlaubsansprüche von einigen bezahlten Tagen für die Arbeiterinnen und Arbeiter durchzusetzen – eine Form der Arbeitszeitverkürzung, die für Angestellte schon obligatorisch war. Anfang der 1930er Jahre forderten Gewerkschaften unter dem Druck der Massenerwerbslosigkeit die gesetzliche 40-Stunden-Woche – eine bis heute nicht eingelöste Forderung. Zur Kriegsvorbereitung der Nazis, mehr noch während des Krieges, wurde die Arbeitszeitordnung außer Kraft gesetzt, die Arbeitszeit für „Deutsche“ auf 50 Stunden festgelegt: Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wurden schutzlos der „Vernichtung durch Arbeit“ ausgesetzt.

In der Phase des Wiederaufbaues nach der Befreiung von Krieg und Faschismus betrugen tarifliche wie gesetzliche Arbeitszeit acht Stunden an sechs Werktagen, die tatsächliche Arbeitszeit lag oft über 50 Stunden/Woche. Die Forderung nach der 40-Stunden-Woche blieb auf der Tagesordnung, aber bis Mitte der 1960er Jahre unerfüllt. Anders als der 8-Stunden-Tag wurde die 40-Stunden-Woche nur tariflich verankert; alle Regierungen weigern sich seither, die ökonomischen Spielräume zu nutzen. Die Durchsetzung der 40-Stunden-Woche erfolgte in Branchen zeitversetz bis in die 1970er Jahre. Da die 40-Stunden-Woche kein gesetzlicher Standard ist, nutzen tarifungebundene Betriebe die gesetzliche Arbeitszeit von 48 plus Überstunden, um die Arbeitszeit auszudehnen. Eine reale Arbeitszeitverkürzung fand dennoch durch gesetzliche und tarifliche Verlängerung des Urlaubes statt. So ist zu erklären, dass trotz Produktivitätssteigerungen und Zunahme des Erwerbspersonenpotenzial (Frauenerwerbsquote und Anwerbung von Arbeitsmigranten) es eine Phase der Vollbeschäftigung in den 1960er Jahren gab – die Ausnahme von der kapitalistischen Normalität der Massenerwerbslosigkeit.

Mitte der 1970er Jahre stießen Gewerkschaftsfrauen die Debatte um die 35-Stunden-Woche an. Es ging wieder nicht nur um ökonomische Fragen, um Produktivitätsentwicklung und Beschäftigungssicherung; es ging um gutes Leben. Um die Bewegung herum entwickelte sich vielfältige Kultur mit der 35-Stunden-Sonne, mit Liedern, Straßentheater, Gedichten und volksnahen Losungen: „Mehr Zeit zum Leben, Lieben, Lachen“. Wie andere Schritte der Arbeitszeitverkürzung wurde dieser erkämpft mit Streik und gegen massenhafte Aussperrung, gegen die Regierung, die den Ausgesperrten das Kurzarbeitergeld verweigern wollte. Im Juni 1984 die Schlichtung des vormaligen IG Bau-Vorsitzenden und Verteidigungsminister Georg Leber: Verkürzung der Arbeitszeit – dafür flexible Arbeitszeiten und eine schrittweisen Einführung der 35-Stunden-Woche über einen Zeitraum von 10 Jahren in der Druck-, Metall- und Elektroindustrie. In weiteren Branchen gelang eine Verkürzung der Arbeitszeit oft nur bis zur 37- bzw. 38-Stunden-Woche. Kanzler Kohl hatte die Forderung „dumm, dreist und töricht“ genannt – entsprechend agierte die Bundesregierung.

Eine Niederlage erlitt die IG Metall 2003 mit dem Versuch, die 35-Stunden-Woche in den ostdeutschen Bundesländern durchzusetzen – für diese galt der Tarifvertrag von 1984 nicht. Die Arbeitgeber organisierten und nutzten die Deindustrialisierung der ehemaligen DDR und die dadurch ausgelöste Massenerwerbslosigkeit zur Etablierung einer tariffreien Niedriglohnzone. Die Aggressivität der Arbeitgeber, der Einsatz von Streikbrechern, das oft nicht vorhandene gewerkschaftliche Bewusstsein, die fehlenden Erfahrungen im Klassenkampf und mangelnde Solidarität von den Belegschaften und Betriebsräten aus dem Westen führten schließlich zum Abbruch des Streikes und zu dieser traumatischen Niederlage. Der Machtkampf in der IG Metall zwischen der sozialpartnerschaftlichen Linie des Vorsitzenden Klaus Zwickel und einer mehr kämpferischen Linie des Zweiten Vorsitzenden Jürgen Peters tat sein Übriges in dieser Situation. Ein fehlender Baustein für einen erfolgreichen Kampf war die mangelnde politische und gesellschaftliche Unterstützung. Der allgemeine Aufbruch der ersten Koalition von SPD und Grünen war im Eifer neoliberaler „Reformen“ verraucht. Vergessen war die Position der SPD aus dem Berliner Parteiprogramm von 1989 in der Fassung des Leipziger Parteitages von 1998[3]: „Daher streben wir den sechsstündigen Arbeitstag in der 30-Stunden-Woche als Regel an.“ Dafür waren Gerhard Schröder und die SPD gewählt – der Fortgang der Geschichte mit der Agenda 2010, der Erniedrigung der Menschen durch Hartz IV bis zum vorläufigen Tiefpunkt der SPD bei der Bayernwahl ist bekannt.

Unser Leben – unsere Zeit!

Seither wurde die Idee der Arbeitszeitverkürzung getragen durch Gewerkschaftslinke, die Attac AG ArbeitFairTeilen, die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (Memogruppe), durch Wissenschaftlerinnen wie Frigga Haug (Die Vier-in-einem-Perspektive), Jutta Allmendinger (32 Stunden sind genug), Steffen Lehndorf (Chancen der Arbeitszeitverkürzung) sowie der Gewerkschaftsjugend, von kirchlichen Arbeitnehmerorganisationen (KAB und KdA), Frauenverbänden und vielen anderen. Der Gegenwind kam von Arbeitgeberverbänden und Regierungsparteien; mehrere Anträge auf gesetzliche Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden wurden im Bundestag abgelehnt. Bei Gewerkschaften war die Skepsis ebenfalls groß, teils weil sie sich gegen Arbeitszeitverlängerung nicht immer erfolgreich wehren konnten, teils dem Wettbewerbskorporatismus geschuldet. Dass eine mobilisierende Forderung nach Arbeitszeitverkürzung das beste Mittel gegen ausufernde Flexibilisierung und Arbeitszeitverlängerung ist, wurde erst spät erkannt. Demotivierend wirkt die These, die Interessen der Beschäftigten seien so verschieden, dass eine Forderung nach kollektiver Arbeitszeitverkürzung unmöglich sei.

Nach längerem Stillstand ist wieder Bewegung in Debatte und Kämpfe um Zeit gekommen. Ein Mittel und Auslöser war die Befragung von 700.000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie zu ihrer Arbeitssituation und ihren Wünsche[4]: Ein großer Teil wünscht eine Arbeitszeit von 35 und weniger Stunden pro Woche – durchaus differenziert nach Alter und Geschlecht, ähnlich in anderen Gewerkschaften und Branchen. In der Stahlindustrie und bei Bahnbeschäftigten wurden Vereinbarungen mit Wahlmöglichkeiten geschlossen: Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit auf 32 Stunden oder etwas mehr Entgelt. 80 Prozent der Beschäftigten, für die diese Vereinbarungen gelten, entscheiden sich für die kürzere Arbeitszeit. In einer Art „Untergrundbewegung“ reduzieren viele, die es betrieblich und persönlich einrichten können, ihre Arbeitszeit in Richtung 30-Stunden-Woche – ohne Lohnausgleich und ohne geregelten Personalausgleich. Die reale Entwicklung zeigt, wie sehr sich viele Beschäftigte kürzere Arbeitszeit wünschen. Es wäre ein gewerkschaftlicher und politischer Fehler, diese Tendenz zu ignorieren. Die „Untergrundbewegung“ Richtung Arbeitszeitverkürzung ist den gestiegenen Anforderungen im Betrieb geschuldet, ebenso ist sie Ausdruck eines gewandelten Verhältnisses zur Arbeit: Das Leben hat Vorrang. Die IG Metall drückt das in ihrer Losung aus: Unser Leben – unsere Zeit! Zum anderen sind es Digitalisierung und die durch den Klimawandel induzierte ökologische Ausrichtung von Verwaltung und Industrie, die weitere Schritte der Arbeitszeitverkürzung  erfordern: Maschinen, die sich selbst umrüsten, sich selbst programmierende Produktionsanlagen, der Einzug künstlicher Intelligenz und selbstlernender Roboter, das Ende des Autos wie wir es kennen – das wird die Arbeitswelt verändern und viele Tätigkeiten überflüssig machen. Auf „die Politik“, die von markkonformer Demokratie und der schwarzen Null spricht, kann nicht gewartet werden; Gewerkschaften und soziale Bewegungen müssen aktiv werden und Druck aus den Betrieben und auf der Straße entwickeln.

Die Kampagne der IG Metall, der Tarifabschluss mit der Möglichkeit acht zusätzlicher arbeitsfreier Tage für Beschäftigte mit zu pflegenden Angehörigen, unter 8jährigen Kindern oder in Schichtarbeit beschäftigt, hat die Tür für die Arbeitszeitdebatte weit geöffnet. Die Streikbeteiligung und die gute Annahme des Ergebnisses belegen ebenfalls die Bereitschaft, für Arbeitszeitverkürzung zu kämpfen. Von Daimler wird berichtet, dass die Hälfte der 40.000 Anspruchsberechtigten diese Möglichkeit nutzen will. Das Neue Deutschland titelt „Freie Tage sind der Renner[5]“, und berichtet, dass die Idee bei den Schichtbeschäftigten gut ankommt. Ein Betriebsratsvorsitzender erzählt, dass „bei uns fast jeder Anspruchsberechtigte davon gebrauch machen wird.“ Der Bevollmächtigte der IG Metall wird – bezogen auf 2.600 Anträge in Bremen – mit der Bemerkung zitiert, dass das „etwa 100 Vollzeitarbeitsplätzen entspricht“, bei VW geht der zuständige Betriebsratssprecher davon aus, dass sich „wohl 90 Prozent der Kolleginnen und Kollegen für die sechs freien Tage entscheiden“[6]. Die Tatsache, dass die mit dem Tarifvertrag möglich gewordene Verkürzung der Arbeitszeit auf 28 Stunden/Woche für maximal zwei Jahre ehr zögerlich nachgefragt wird, weist auf die unabdingbare Notwendigkeit des Lohnausgleiches für diejenigen hin, die gerade so mit dem Monatsentgelt über die Runden kommen, sich verschulden oder aufstocken müssen. Die Möglichkeit der Kompensation der individuellen Arbeitszeitverkürzung durch Arbeitszeitverlängerung anderer Beschäftigter ist ein bedauerlicher Schwachpunkt des Tarifabschlusses bezogen auf die weitere Spaltung der Belegschaften.

Arbeitszeitverkürzung bleibt politisch und ökonomisch vorrangig – anders sind die sichtbaren und angelaufenen Produktivitätssprünge (vernetzte Digitalisierung und künstliche Intelligenz) nicht sozial- und gesellschaftsverträglich umsetzbar. Der häufige Verweis auf geringe Erwerbslosigkeit ignoriert die Zunahme prekärer Arbeit, die millionenfache Unterbeschäftigung durch Minijobs und unfreiwillige Teilzeitarbeit. Das Arbeitsvolumen hat nicht mit der Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials Schritt gehalten – es wurde lediglich auf mehr Personen verteilt. Die tatsächliche durchschnittliche Arbeitszeit der abhängig Beschäftigten liegt nahe bei 30 Stunden. Eine Arbeitszeitverkürzung für Vollzeitbeschäftigte ist die Möglichkeit von Arbeitszeitverlängerung derjenigen, die in Minijobs gefangen sind. Die faire Verteilung aller Arbeit wäre ein wichtiger Aspekt für Geschlechtergerechtigkeit. Der häufig bemühte „Fachkräftemangel“ ist überwiegend Ausdruck mangelnder Ausbildung, schlechter Bezahlung und schlechter Arbeitsbedingungen – warum sollte eine Ingenieurin für 3.000 Euro brutto in Sachsen-Anhalt arbeiten, wenn sie in Baden-Württemberg rund 1.00 Euro mehr bekommt? Warum soll ein Altenpfleger in Mecklenburg für 2.000 Euro brutto arbeiten, wenn er als Krankenpfleger im Saarland fast 3.500 Euro bekommt? Der partielle Fachkräftemangel kann darüber hinaus durch familienfreundliche kürzere Arbeitszeiten behoben werden.

Arbeitszeitfragen sind  Machtfragen

Da es um eine faire Verteilung der Arbeitszeit, um Überwindung von gleichzeitiger Überarbeit und Unterbeschäftigung geht, ist Arbeitszeitverkürzung kein wirklich ökonomisches Problem, wie in einem Dokument der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik nachgewiesen wird[7]. So bleibt nur, dass es um Macht geht für die Arbeitgeber, um die Verfügung über Menschen und um das Drohpotenzial von Millionen Erwerbslosen und dem zu befürchtenden Absturz auf Harz IV. Karl Marx schreibt: „Er (der Kapitalist) hat also das Recht erlangt, den Arbeiter während eines Tags für sich arbeiten zu lassen.[8]“ Um die Aufrechterhaltung dieses Rechtes bzw. seine Einschränkung geht es bei jedem Kampf um die Arbeitszeit, wie Hans-Jürgen Urban im „Jahrbuch Gute Arbeit 2017“ schreibt: „Wer über die eigene Zeit verfügt, hält den Schlüssel für eine autonome, eine selbstbestimmte Lebensführung in der Hand. Wer über die Zeit anderer verfügt, übt Fremdherrschaft aus.[9]“ Dieser Auseinandersetzung kann nicht ausgewichen werden; die Arbeitgeber werden immer darum bemüht sein, den Arbeitstag zu verlängern. Der notwendige nächste Schritt, die 30-Stunden-Woche, soll Bezugspunkt sein für eine flexible Gestaltung entsprechend persönlicher und betrieblicher Belange (Korridore und Zwischenschritte, auch Jahresarbeitszeit auf Basis der 30-Stunden-Woche, so wie es bisher die 40-Stunden-Woche ist).

Die Gewerkschaften sind für Tarifpolitik zuständig und verantwortlich; die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit strukturiert Familien, Vereine, Dörfer und Städte, letztlich die Gesellschaft und die sie tragenden demokratischen Prozesse. Insofern ist die Arbeitszeit ein gesellschaftliches und politisches Anliegen. Viele Gruppen, Parteien, Vereine, soziale Bewegungen sollten sich an dieser Debatte beteiligen und, wenn konkret um die Arbeitszeit gekämpft wird, Gewerkschaften und die kämpfenden Belegschaften unterstützen. Wie bei zurückliegenden Kämpfen um Zeit brauchen Gewerkschaften Bündnispartner in der Gesellschaft, vor allem die Frauen, die Erwerbslosen, die prekär und in Schicht Beschäftigten, die Solo-Selbständigen, Arbeitsmedizinerinnen, die kirchlichen Arbeitnehmerinnen-Gruppen, Wissenschaftlerinnen und Künstler, die auf Ehrenamt angewiesenen Vereine, Feuerwehren und Institutionen – anders als in einem solchen Bündnis wurde Arbeitszeitverkürzung bisher nicht erreicht. Die dadurch mögliche Überwindung der massenhaften Unterbeschäftigung ist auch der Weg, um gewerkschaftliche Kraft und Einfluss wieder zu stärken.

„Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren“ – so der Titel eines bei VSA 1984 von Hans Ziegenfuß herausgegeben Buches. Damals ging es um die Besetzung der Werft der AG Weser, immer trifft es auf den Kampf um die Arbeitszeit zu. Arbeitszeitverkürzung und eine faire Verteilung der Arbeit sind wichtige Bausteine für ein neues Normalarbeitsverhältnis, wie es Lia Becker und Bernd Riexinger zur Diskussion stellen[11]. Darin enthalten die Notwendigkeit eines Lohnes, der ein gutes Leben ermöglicht, gute Arbeit, die nicht krank macht und sozial-ökologische Wirtschaftsdemokratie. Dafür lohnt eine gemeinsame Initiative, denn mit Zeitwohlstand und kurzer Vollzeit für alle werden Gewerkschaften und die demokratische Gesellschaft gestärkt. Gewerkschaftliche und politische Bildung, gesellschaftliche Bewegung und soziale Garantien bei reduzierter Arbeitszeit können die Veränderungsängste der Beschäftigten überwinden und nach 100 die Tür für den 6-Stunden-Tag öffnen.

https://www.sozialismus.de/heft_nr_11_november_2018/

 

[1] http://library.fes.de/gmh/main/pdf-files/gmh/1984/1984-02-a-077.pdf

[2] Im September 1866 beschloss der Internationale Arbeiterkongress in Genf auf Vorschlag des Londoner Generalrats: „Wir erklären die Beschränkung des Arbeitstags für eine vorläufige Bedingung, ohne welche alle andren Bestrebungen nach Emanzipation scheitern müssen … Wir schlagen 8 Arbeitsstunden als legale Schranke des Arbeitstags vor.“ (zitiert nach Der Kampf um den Normalarbeitstag. Rückwirkung der englischen Fabrikgesetzgebung auf andre Länder, MEW 23, S. 315 – 320)

[3] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Grundsatzprogramme/berliner_programm.pdf

[4] https://www.igmetall.de/befragung-2017-arbeitszeit-25366.htm

[5] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1102366.ig-metall-freie-tage-sind-der-renner.html?sstr=boewe

[6] „Mitbestimmen“ Nr. 3/2018 – Zeitung des Betriebsrates bei VW, September 2018; im Haustarifvertrag von VW ist die Regelung etwas anders und beläuft sich für die gleichen Gruppen von Beschäftigten auf sechs arbeitsfreie Tage.

[7] http://www2.alternative-wirtschaftspolitik.de/uploads/m1611.pdf

[8] Das Kapital, Band 1, Achtes Kapitel, Der Arbeitstag, 1. Die Grenzen des Arbeitstags, MEW 23, S. 245 – 249

[9] http://stephankrull.info/2017/02/23/arbeitszeitfragen-sind-machtfragen-rezension-des-jahrbuch-gute-arbeit/; https://www.bund-verlag.de/shop/gute-arbeit-ausgabe-2017.html

[10] https://www.sozialismus.de/vorherige_hefte_archiv/supplements/liste/detail/artikel/for-the-many-not-the-fewbr-gute-arbeit-fuer-alle/

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