CDU und FDP: Angriff auf den 8-Stunden-Arbeitstag

Attac AG ArbeitFairTeilen wird aktiv:

Im Koalitionsvertrag von CDU/FDP in NRW wird die Auflösung des 8-Stunden-Tages angekündigt. Wörtlich heißt es dort:

„Wir wollen die Chancen der Digitalisierung nutzen und deshalb über eine Bundesratsinitiative das Arbeitszeitgesetz flexibilisieren. Die innerhalb der Vorgaben der europäischen Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung vorhandenen Spielräume wollen wir nutzenund die Tarifpartner innerhalb dieses Rahmens eigene Regelungen treffen lassen.“

Der WDR berichtet darüber wie folgt:

Es ist ein nur kleiner Absatz im Koalitionsvertrag von CDU und FDP. Unter der Überschrift „Arbeit“ formulieren die beiden Parteien in wenigen Sätzen ihr Vorhaben, die Arbeitszeiten zu flexibilisieren. Konkret geht es vor allem um zweierlei: zum einen um die gesetzlichen Vorgaben für die sogenannte Tages-Höchstarbeitszeit, zum anderen um die arbeitsrechtlich vorgeschriebene Mindestruhepause.

Bisher: Elf Stunden Ruhe müssen sein

Zurzeit schreibt das bundesweit geltende Arbeitszeitgesetz vor, dass Arbeitnehmer eine Arbeitszeit von acht bis maximal zehn Stunden pro Tag in der Regel nicht überschreiten dürfen. Zudem gibt es eine Mindestruhepause, die beachtet werden muss. Das heißt: Nach Feierabend haben Beschäftigte einen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden.

„Dieses deutsche Arbeitszeitgesetz passt nicht mehr in die Zeit“, sagt Johannes Vogel, Generalsekretär der NRW-FDP. Die FDP hat dies bereits in ihrem Landtagswahlprogramm mit den neuen „digitalen Arbeitswelten“ begründet, die „deutlich weniger gesetzliche Detailvorgaben“ erforderten.

Orientierung an EU-Arbeitszeitrichtlinie

Deshalb wollen CDU und FDP im Rahmen einer Bundesratsinitiative erreichen, dass die bisherige Arbeitszeitgrenze am Tag aufgehoben wird.

Als zukünftiger Maßstab soll Arbeitgebern und Arbeitnehmern lediglich die EU-Arbeitszeitrichtlinie dienen. Diese sieht eine maximale wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden vor; Vorgaben zur täglichen Arbeitszeit gibt es nicht.

Der Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen (Metall NRW) begrüßt diesen Vorstoß. „Der Kern unseres zur Zeit geltenden Arbeitszeitgesetzes stammt aus dem Jahr 1938″, sagt Hans Michael Weiss. „In der Zeit gab es noch keine Handys, und die Globalisierung lag auch noch in weiter Ferne.“ Daher müsse man auch die gesetzliche Mindestruhepause neu regeln.

Viele Arbeitnehmer müssten inzwischen auch mal abends ihre E-Mails abrufen und beantworten. Damit seien sie jedoch zurzeit immer „mit einem Bein in der Illegalität„, da das Arbeitsrecht noch immer vorsehe, dass daraufhin eine elfstündige Ruhepause erfolgen muss.

„Ausbeutungsfantasien“ ausgeschlossen

Faktisch seien die geltenden Arbeitszeitregelungen längst nicht mehr einhaltbar, sagen die neue Landesregierung und die Arbeitgeberverbände unisono.

„Die gesetzlichen Vorgaben werden millionenfach ignoriert“, so NRW-FDP-Generalsekretär Johannes Vogel. Das gelte vor allem für diejenigen, die „selbstgesteuert arbeiten“, sagt Hans Michael Weiss von Metall NRW. Diese Klientel bräuchte dringend ein reformiertes Arbeitszeitgesetz. Der Schichtarbeiter müsse dagegen keine Angst haben, dass er gezwungen werde, demnächst zwölf Stunden am Stück zu arbeiten.

Auch Johannes Vogel weist Mutmaßungen von sich, dass durch eine Reform des Gesetzes der Arbeitsdruck zunimmt. „Es geht uns nicht um Mehrarbeit, sondern um eine flexiblere Einteilung – und das nur im Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften„, sagt er.

Ständige Erreichbarkeit nicht erwünscht

Trotz dieser Beteuerungen sehen die Gewerkschaften im Land die Pläne der neuen Landesregierung mit großer Skepsis. Die geltenden Regeln seien bewährte Schutzmechanismen für die Arbeitgeber, sagt Andreas Meyer-Lauber vom DGB NRW.

Die Gewerkschaft vertritt daher die Ansicht, dass eine Reform des Gesetzes nicht erforderlich sei. Es gebe schon jetzt Möglichkeiten, durch Absprachen die tägliche Arbeitszeit in einem Betrieb zu verändern.

Die elfstündige Mindestruhezeit will die Gewerkschaft als arbeitsrechtlich hohes Gut ebenso unangetastet lassen. „Einer Erreichbarkeit rund um die Uhr erteilen wir ein klares Nein“, so Meyer-Lauber.

Ähnlich ablehnend äußert sich die IG Metall in NRW. „Wir haben bereits jetzt ausreichend Möglichkeiten, die Arbeitszeiten zu flexibilisieren“, sagt Sprecher Mike Schürg und nennt Gleitzeitkonten als Beispiel.

In ihrer Haltung bestätigt sieht sich die IG Metall durch die Ergebnisse einer Umfrage, die kürzlich von der Gewerkschaft selbst durchgeführt wurde. An der Umfrage nahmen bundesweit 600.000 Beschäftigte teil, darunter rund 100.000 aus NRW. Das Ergebnis: 96,4 Prozent wünschten sich starke Arbeitszeitregeln – „mit Ruhezeiten und einem Recht auf Abschalten„.

Wie beim Treffen der Attac AG ArbeitFairTeilen am Sonnabend in Hamburg betont und verabredet, bedarf es großer Anstrengungen von uns, von Gewerkschaften und weiteren am Thema interessierten Gruppen und Initiativen, diesen Angriff abzuwehren.

Vor fast 100 Jahren wurde im Ergebnis der Novemberrevolution der 8-Stunden-Tag gesetzlich verankert. Erst die Nazis haben diesen mit ihrer Kriegsvorbereitung aufgehoben; nach 1945 wurde der Zustand von vor 1933 wiederhergestellt.

Nun geht es darum diese Errungenschaft der Arbeiter_innenbewegung zu verteidigen!

http://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/arbeitszeitgesetz-reformplaene-100.html

2 Gedanken zu „CDU und FDP: Angriff auf den 8-Stunden-Arbeitstag“

    1. Das Bild ist von Gertrude Degenhardt. Es zeigt auf anschauliche Art die Geschichte der Kämpfe um die Arbeitszeit; es war eine große Unterstützung für die Gewerkschaften IG Metall und IG Druck und Papier, als die Streiks um die 35-Stunden-Woche in den 1980er Jahren geführt wurden. https://de.wikipedia.org/wiki/Gertrude_Degenhardt
      Eine Adaption dieses Bildes und viele neue Argumente gibt es hier: http://www.arbeitszeitverkuerzung-jetzt.de/fileadmin/user_upload/Material/Zeitung_Arbeitszeit2_Ansicht3.pdf

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